Regen: Die Natur freut sich, den Profis vom Sparkassen Münsterland Giro ist es egal, die fahren immer. Auch Ex-Radprofi Jens Voigt, der in diesem Jahr den Fun-Block sicher ins Ziel begleiten wird und derzeit in den Staaten ist. André Fischer hat mit ihm gesprochen:

Herr Voigt, was treiben Sie in den Staaten?

Voigt: Ich bin hier in meiner Eigenschaft als Trek Global Brand Ambassador. Ich war das Wochenende in Waterloo im Bundesstaat Wisconsin, weil die Firma Trek Bikes hier den zweiten Weltcup der neuen Fahrrad-Cross-Saison mit organisiert und ich dort zwei Rennen im Rahmenprogramm bestritten habe.

Jens Voigt begleitet den Fun-Block – Foto: Pilz / Sparkassen Münsterland Giro

Ihre bewegte Karriere haben Sie 2014 beendet. Wie sieht Ihr Tagesablauf heute aus?

Voigt: Mein Alltag wechselt zwischen ganz viel reisen und 100 Prozent Vater sein zu Hause. Allein dieses Jahr war ich je zweimal in Kanada und Australien und jetzt zum siebten Mal in den USA. Wenn ich zu Hause bin, klingelt um 6.15 Uhr der Wecker, damit wir die Kinder rechtzeitig um 8 Uhr zur Schule bringen können. Wenn es das Wetter erlaubt, auch gerne mit dem Fahrrad, wir wohnen nicht allzu weit weg, da klappt das ganz gut.

850 000 Kilometer haben Sie als Profi in etwa auf dem Rad zurückgelegt. „Das ist eine Strecke von hier bis zum Mond und zurück und halb wieder rauf“, haben Sie mal gesagt. Wie oft sitzen Sie mittlerweile noch auf dem Bock? Und wie halten Sie sich sonst fit?

Voigt: Ich fahre viel weniger als vorher, und vor allem viel langsamer. Nur noch zum Spaß, und auf keinen Fall will ich leiden dabei. Das mit dem Leiden auf dem Rad hatte ich all die 33 Jahre meiner aktiven Laufbahn, jetzt möchte ich nur noch genießen. Was meine Frau und ich oft machen, sind Radtouren. Sie auf ihrem E-Bike und ich auf meinem Mountainbike, und dann fahren wir zu einem Ausflugscafé an irgendeinen See in Berlin und trinken dort einen Kaffee. Außerdem laufe ich gerne und mache lange Spaziergänge mit unseren Hunden. Ich versuche mir eine gewisse Grundfitness zu erhalten – das klappt eigentlich ganz gut.

Der französische Radprofi Sylvain Chavanel ist 2018 seine 18. Tour de France gefahren und hat Sie frecherweise von der Spitze gestoßen.

Voigt: Ich freue mich für ihn, wir sind lange zusammen im Peloton gewesen, haben viele Rennen und Ausreißergruppen zusammen bestritten. Er ist ein netter Kerl und ein alter Freund, er hat es verdient.

Am 3. Oktober wollen Sie im Rahmen des Fun-Blocks beim Sparkassen-Münsterland-Giro radsportliche Anfänger sicher ins Ziel geleiten. Wird man Sie in Zukunft häufiger in Münster sehen?

Voigt: Das werden wir sehen, mein Freund Fabian Wegmann kommt ja aus Münster, er hat den ersten Kontakt hergestellt. Ich hoffe, wir können hier eine neue Tradition beginnen. Ich bin offen für alles.

Besitzen Sie generell irgendwelche Erinnerungen an die Stadt im Herzen Westfalens?

Voigt: Ich war vor Jahren mal mit dabei beim Münsterland-Giro, aber danach habe ich wenig Berührungspunkte gehabt mit der Stadt. Aber diesmal bringe ich meine Frau mit, und wir werden uns ganz sicher viele Orte ansehen und dann hoffentlich wiederkommen.

„Macht mal langsam, Papa kann nicht so schnell“, haben Sie mal in einem Interview über die Situation gesagt, wenn Sie Ihre Kinder mit dem Rad zur Schule bringen. Hat jemand aus der Familie das Zeug, in Ihre Fußstapfen zu treten?

Voigt: Von meinen sechs Kindern ist lediglich Julian, unser zweiter Sohn, mal ernsthaft Rad gefahren. Freunde aus der Schule hatten ihn zu einem Probetraining überredet. Damals war er elf Jahre alt, und dann hat er doch tatsächlich sein erstes Rennen, ein Mountainbike-Rennen, gewonnen. Das war ein magischer Moment für mich, ich war unglaublich stolz auf ihn. Julian ist fünf Jahre mit einer Lizenz gefahren, hat aber im Alter von 16 Jahren das Interesse verloren und aufgehört. Unser ältester Sohn spielt Lacrosse, und die Mädchen haben alles probiert von Hockey, Hip-Hop-Tanzen, Tennis, Reiten bis zum Klavierspielen – nur kein Radsport. So wie es im Moment aussieht, wird es keinen Nachfolger für mich geben unter meinen Kindern. Sie sind alle sportlich, aber in anderen Sportarten unterwegs. Und das ist völlig in Ordnung für mich, sie sollen ihr eigenes Leben leben, sich selbst ausprobieren und herausfinden, was sie denn wirklich mögen.