Keine Frage, für Rollstuhlfahrer und auch für andere Schwerbehinderte ist das Preußen-Stadion alles andere als ideal. Betroffene sind unzufrieden, manche verzichten sogar ganz auf einen Stadionbesuch. Dass Probleme auftauchen, dürfte niemanden überraschen. Das Preußen-Stadion wurde in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts gebaut. Zu einer Zeit, als es das Wort „Barrierefreiheit“ noch gar nicht gab. Immerhin, auch die Haupttribühne ist schon etwas in die Jahre gekommen, sie stammt aus dem Jahr 2009. Wie sieht es heute aus? Sind schwerbehinderte Fußball-Fans dem Verein egal?
Wie barrierefrei wird das neue Preußen-Stadion?
Preußen-Sprecher Marcel Weskamp bestreitet das: Die Barrierefreiheit sei, zumindest im Sinne von Rollstuhlfahrerplätzen, ein wichtiges Thema beim SC Preußen. Aus baulichen Gründen hätte der Verein jedoch deutlich weniger Plätze als wünschenswert wären. Deshalb seien in dieser Sommerpause zusätzliche Plätze im Block L geschaffen worden. Geschulte Stadionhelfer würden sich zudem am Spieltag gezielt um die Bedürfnisse von Stadionbesuchern mit Beeinträchtigung kümmern: „Insgesamt engagiert sich der Verein stark bei inklusiven Themen.“, meint Weskamp. So gebe es eine enge Zusammenarbeit mit den Alexianern und den Alexianer Werkstätten „in vielen verschiedenen Bereichen“.
Dem stehen nicht selten die konkreten Erfahrungen der Betroffenen entgegen. Auf besagter Hauptribühne aus dem Jahr 2009 gibt es ganze neun Rollstuhlfahrerplätze. Positiv sind die angesprochenen Stadionhelfer des Vereins, Rollstuhlfahrer können sich jeweils vor der Partie am Haupteingang von ihnen abholen lassen. Die interaktive App „Wheelmap“, mit der rollstuhlgerechte Orte gefunden werden können, verzeichnet für das Preußen-Stadion zudem Parkplätze für Schwerbehinderte.
Und doch, vieles kann, vieles muss besser werden. Nicht wenige hoffen deshalb auf das neue Preußen-Stadion. So sollen nach verpflichtendem Ratsbeschluss dort 1 % aller Zuschauerplätze in rollstuhlgerechter Ausführung gebaut werden. Das sind ganze 200. Nochmal: Bisher sind es nur neun. Also ein immenser Fortschritt. „Das modernisierte Preußenstadion wird eines der inklusivsten Stadien Deutschlands“, kündigt Marcel Weskamp an. Im Moment sei man noch im europaweiten Ausschreibungsverfahren. Hier unterbreiten Unternehmen ihre Angebote und Konzepte, und das sei vertraulich.
Allerdings: Inklusivität ist mehr als die Zahl der Rollstuhlfahrerplätze. Und so wurde auch die städtische Kommission zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen (KIB) im Vorfeld der Ausschreibung beteiligt, um die Anforderungen für ein modernes, behindertengerechtes Preußen-Stadion zu präzisieren. Eins ist klar: In Sachen Barrierefreiheit ist noch einiges zu tun, wenn man wirklich „eines der inklusivsten Stadien Deutschlands“ haben will.
Foto: Münster aktiv
Gastbeitrag von Siegmund Natschke von www.muenster-taeglich.de