Es geht hitzig zu an diesem Freitagnachmittag an der Wienburgstraße 120. Nicht nur, weil es für Mitte September noch erstaunlich warm ist, sondern auch, weil sich offensichtlich Einiges angestaut hat bei Mitgliedern und Verantwortlichen von Grün-Weiß Marathon e.V. Während auf dem Rasen noch einige Kids die letzten Bälle kicken, findet am Spielfeldrand ein Ortstermin in großer Runde statt: Beteiligte aus Stadtverwaltung, Stadtsportbund, Sportausschuss, Trainer, Spieler und Eltern sind hier, um die aktuelle Situation des Vereins zu besprechen. Denn: Der Grün-Weiß Marathon ist der einzige Verein in Münster, der seinen Fußballer*innen nur einen Natur- aber keinen Kunstrasenplatz anbieten kann. „Daran muss sich jetzt endlich etwas ändern“, eröffnet die Vorsitzende des Vereins, Hedwig Liekefedt, den Termin.
Im Sommer gut – im Winter eine Schlammschlacht
Nur Naturrasen, das bedeutet im laufenden Spielbetrieb eben auch, dass der Verein im Grunde ein reiner Sommerverein ist: „Genau jetzt, um diese Zeit im Jahr, wird es für uns schwierig“, schildert Fabian Wirtz, Trainer bei Grün-Weiß, die Lage. Seine Spieler stehen mit Herbstanfang nämlich nicht nur im Dunkeln, sondern regelmäßig auch im Nassen da. „Wir können zwar auf die Sentruper Höhe ausweichen“, so Wirtz, „das ist aber keine adäquate Lösung. Allein das Trainingsmaterial mit dem Rad von A nach B zu bringen, ist total aufwendig und auch für die Spielerinnen und Spieler ist es keine gute Lösung, in der dunklen Jahreszeit aus ihren Wohngebieten einmal quer durch die Stadt zu fahren“.
Offensives Abwerben
André Timm, ebenfalls als Trainer im Verein aktiv und selbst Vater eines Spielers, schließt sich seinem Trainerkollegen an: „Die ganze Situation hier ist für uns total frustrierend“, fasst er – unter zustimmendem Nicken der anwesenden Eltern – zusammen. „Wir machen eine gute Jugendarbeit, sind engagiert dabei, schaffen ein tolles Wir-Gefühl. Aber trotzdem verlieren wir kontinuierlich Spieler“. Kein Wunder: Wer von den Mitschülern hört, wie es sich anderswo das ganze Jahr über auf Kunstrasen spielen lässt, für den ist es ein kleiner Schritt, den Verein zu wechseln. Dazu kommt eine extrem offensive Abwerbe-Politik anderer Fußballvereine. „Dass unsere Spieler zu anderen Vereinen abgeworben werden, ist bei uns Tagesgeschäft ab der U10“, resümiert Hedwig Liekefedt, „wir sind ein Einkaufsverein für andere geworden“.
Vereinsheim? Fehlanzeige
Was beim Ortstermin eindrücklich zu erkennen ist: nicht nur der fehlende Kunstrasenplatz macht es Grün-Weiß Marathon schwer. Auch das Provisorium aus Containern, in dem Umkleiden, Lager und Büro des Vereins untergebracht sind, ist, wie es ein junger Spieler während der Besichtigung auf den Punkt bringt, schlicht „Schrott“: die sanitären Anlagen punkten mit 70er-Jahre Charme, die Umkleiden denkbar karg, der Fußboden in den beklemmend dunklen Räumen wölbt sich oder es fehlen gleich ganze Kacheln – auch in puncto Sicherheit also nicht unbedenklich. Das Büro, in dem der Verein immerhin 700 Mitgliedschaften betreut: ein trauriges Kabuff. „Hier fehlt einfach alles“, attestiert eine Mutter, deren Tochter bei Grün-Weiß Marathon spielt, „wenn unsere Mädels auswärts spielen, sind sie oft ganz erstaunt, wie schön es bei den anderen Vereinen ist. Da fragen sie sich natürlich schon, wieso es in ihrem Verein nichtmal vernünftige Duschen gibt“.
Warum ändert sich nichts?
An diesem Nachmittag sind sich schnell alle Beteiligten aus Politik, Sport und Vereinsleben einig: so kann es auf keinen Fall weitergehen. Bleibt also die Frage: Wieso ändert sich die Situation des Vereins, der seit Jahren auf eine Neugestaltung der Anlage drängt, nicht? Ämter, Ausschüsse, Planungs-, Bau- und Finanzierungsvorgaben – Verantwortlichkeiten werden offenbar seit Jahren von einem zum anderen geschoben. „Der Versuch, den Pudding an die Wand zu nageln“, resümiert Hedwig Liekefedt. Immerhin: Jetzt soll es verbindliche Termine geben. Im AK Sport soll die Situation des Vereins Thema werden, auch einige der anwesenden Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung signalisieren Gesprächsbereitschaft. Endlich Tatsachen zu schaffen, sollte dabei im Grunde leichtfallen: Pläne für die Um- bzw. Neugestaltung des Areals an der Wienburgstraße gibt es nämlich längst. „Wir schaffen hier eine Heimat für unsere Sportlerinnen und Sportler“, schließt Hedwig Liekefedt die eindrückliche Ortsbegehung ab, „dafür muss es hier aber auch endlich mal nach Heimat aussehen“.
Quelle Text + Bild: Viola Grötz