20 Jahre war sie die „Sportbürgermeisterin“ von Münster: Karin Reismann. Jahrzehntelang war sie nicht nur in ihrem Amt als Politikerin im Einsatz, sondern war und ist bis heute sportlich sehr aktiv: denn ans Aufhören denkt die 79-jährige noch lange nicht. Mit großem Engagement bekleidet sie verschiedene Ämter in Vorständen, Vereinen und Stiftungen, ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Leistungssports Münster, Beiratsvorsitzende und Ehrenmitglied des USC – und legt Jahr für Jahr das Deutsche Sportabzeichen ab. Beim diesjährigen Ball des Sports wurde Karin Reismann mit der Friedensreiterplakette, der höchsten Auszeichnung für Ehrenamtler im münsterschen Sport, ausgezeichnet.

Im Interview spricht Karin Reismann über Werte, die der Sport vermittelt und ihre Wünsche für die sportliche Zukunft der Stadt Münster.

Frau Reismann, Sie sind in Münster als die „Sportbürgermeisterin“ bekannt, bis heute sportlich aktiv und absolvieren seit Jahrzehnten das Deutsche Sportabzeichen – in diesem Jahr zum 44. Mal. Wie sind Sie zum Sport gekommen?

Reismann: Als Kind habe ich beim Schwimmunterricht einen Sturz vom Dreimeterbrett erlebt und danach den Sportunterricht, wo es nur ging, geschwänzt. Später bin ich dann aber aus gesundheitlichen Gründen wieder zum Sport gekommen. Mein Arzt riet mir, mich körperlich zu betätigen und heute kann ich sagen: Der Sport hat mich gerettet. Nicht nur die Bewegung, sondern die Regelmäßigkeit, das Verbundensein in den Vereinen und auch die Disziplin, geben mir bis heute viel. Ist man Teil einer eingeschworenen Gruppe, fällt es zum Beispiel viel schwerer, Termine abzusagen und das Training ausfallen zu lassen. Man geht eben einfach trotzdem hin, auch, wenn man sich mal nicht so gut fühlt. Es geht beim Sport ja nicht nur um die reine Bewegung, sondern auch um das Verbundensein mit anderen, das Gruppengefühl.

Foto: Münster aktiv / OB Markus Lewe, Michael Schmitz und Karin Reismann

 

Sie sind mehrfach einen Marathon gelaufen. Erinnern Sie sich noch an Ihren allerersten Start?

Reismann: Meinen ersten Marathon bin ich kurz vor meinem 50 Geburtstag gelaufen. Dass ich beim Lauf in Steinfurt an den Start gehen wollte, sollte damals lieber niemand wissen, falls es nicht funktionieren sollte und ich nicht im Ziel ankomme. Für die Vorbereitung hatte ich mir heimlich Unterstützung einer befreundeten Läuferin geholt, die selbst erfahrene Marathoni war. Ihr Rat: „Jede Woche 30 Kilometer laufen!“ Ich habe dann fleißig trainiert und immer gehofft, dass niemand mich dabei sehen würde (lacht). Wie sich aber herausgestellt hatte, hatten die Steinfurter in der Zwischenzeit längst in Münster nach mir gefragt. Als ich schließlich in Steinfurt an den Start ging, sah ich dort zu meiner Überraschung dann also viele bekannte Gesichter, die mich während des Laufs toll unterstützt haben. Obwohl es auf der Strecke in Strömen geregnet hat, bleibt dieser erste Marathon ein unvergessliches Erlebnis für mich!

Haben Sie einen Tipp für Marathon-Neulinge, die die magische 42-Kilometer Distanz noch nicht geknackt haben?

Reismann: Das Wichtigste ist der Kopf. Natürlich muss man durch entsprechendes Training gut vorbereitet sein und unterwegs auf die Signale des Körpers hören. Mein Leitspruch war immer: Ich will das! Dann schafft man es auch. Nach meiner Erfahrung ist es außerdem hilfreich, nicht alleine zu laufen, sondern zum Beispiel mit Freunden. Sobald man merkt, dass man sich beim Laufen nicht mehr gut unterhalten kann, ist man mit Sicherheit zu schnell unterwegs.

Sie sind im Juli 79 Jahre alt geworden – wie halten Sie sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit?

Reismann: Für mich ist das Wichtigste, dass mich noch viele verschiedene Aufgaben fordern. Ich habe heute nachgezählt: Insgesamt habe ich im Moment noch elf Posten inne. Nicht alle, aber die meisten davon sind eng mit dem Thema Sport verbunden, aber ich engagiere mich zum Beispiel auch für den Verein zur Förderung des Jüdischen Friedhofs an der Einsteinstraße. Sie merken also: Themen und Aufgaben gehen mir noch lange nicht aus!

Als Bürgermeisterin waren Sie in Münster auch lange politisch aktiv. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten – was würden Sie gern in der Stadt ändern?

Reismann: Es wäre doch toll, wenn wir in Münster mehr Wasser- und Badeflächen zur Verfügung hätten. Immer mehr Kinder können selbst in der weiterführenden Schule noch nicht richtig schwimmen. In der Schule fehlen oft die nötigen Ressourcen, Eltern haben immer weniger Zeit oder scheuen den Aufwand. Für mich ist es deshalb eine Herzensangelegenheit mich für ein weiteres Hallenbad mit einer 50 Meter Bahn stark zu machen, damit die Leistungsschwimmerinnen und Schwimmer in Münster eine Heimat finden. Als Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Leistungssports setze ich mich auch für Münsters Sportinternat ein und wünsche mir natürlich eine tolle Zukunft mit ambitionierten Nachwuchstalenten. Weiterhin engagiere ich mich für den Spatenstich eines neuen Sportinternats wie auch für den Bau einer Beachhalle an der Coburg

Zum Schluss noch eine sportliche Frage.  44-mal haben Sie nun schon das Deutsche Sportabzeichen erhalten und treten Jahr für Jahr wieder an – wie schaffen Sie es, sich in so unterschiedlichen Disziplinen fit zu halten?

Reismann: Ich mache immer das Goldene Sportabzeichen, da bin ich ehrgeizig. In meiner Altersklasse bin ich mittlerweile die einzige Frau, außer mir sind noch zwei Männer dabei. Gerade in meinem Alter zahlt es sich natürlich aus, dass ich über all die Jahre – wortwörtlich – am Ball geblieben bin. Mittlerweile geht es beim Abzeichen ja nicht mehr nur um die klassischen Disziplinen Laufen, Werfen, Springen, sondern um Fähigkeiten wie Kraft, Schnelligkeit und Koordination. Wer das als Kind nicht richtig gelernt hat, tut sich im Alter umso schwerer. Das Abzeichen fordert mich jedes Jahr aufs Neue heraus, dabei fallen mir einige Disziplinen leichter und andere schwerer. Mit dem Schwimmen und Laufen hatte ich noch nie Probleme. Und dass ich am Medizinball so gut bin, wundert mich selbst! (lacht)