Jochen Mohrig ist passionierter Läufer – und von Depression betroffen. Kein Wunder also, dass er engagierter Teilnehmer des Bewegungs- und Lauftreffs für Menschen mit Depression ist, einer offenen Gruppe, die sich wöchentlich zum gemeinsamen Bewegen an der Sentruper Höhe trifft.

Jochen, wie bist Du zum Bewegungstreff für Menschen mit Depression gekommen?

Bevor ich nach Münster gezogen bin, habe ich in Würzburg gelebt und hatte da schon eine ganz ähnliche Gruppe kennengelernt: Menschen mit Depression treffen sich wöchentlich zum Sport. Das hatte mir dort schon gut gefallen. Hier in Münster wurde dann meine Frau auf den Treff für Menschen mit Depression aufmerksam und über andere Ecken – die Laufszene in Münster kennt sich ja untereinander ganz gut – kam dann auch ein persönlicher Kontakt zustande.

Wie groß ist die Gruppe hier in Münster ungefähr?

Es gibt einen harten Kern von knapp zehn Personen, die fast immer dabei sind, und Menschen, die weniger regelmäßig teilnehmen. Manchmal sind wir 12, 13 Leute. Wir treffen uns auch nicht nur bei Sonnenschein. Was das Wetter angeht, ist die Gruppe eher hart im Nehmen. Generell ist die Stimmung immer entspannt, es geht also auch mal lustig zu. Von Depression merkt man da nicht so viel.

Der Lauftreff ist also keine klassische Selbsthilfegruppe, in der in erster Linie um die eigene Erkrankung geht?

Der Bewegungstreff ist in erster Linie mal genau das, eben ein Bewegungstreff. Und das ist gerade das Gute daran. Es hilft sehr, nicht nur alleine zuhause zu sitzen, sondern draußen zu sein, soziale Kontakte zu erleben. Und die Bewegung tut auch unheimlich gut. Dass Sonnenlicht, Bewegung und soziale Interaktion bei Depression hilfreich sind, ist mittlerweile auch wissenschaftlich nachgewiesen. Wir unterhalten uns beim Laufen, Walken oder Aufwärmtraining wirklich viel, aber kaum über die Erkrankung. Es geht uns vor allem um gemeinsame Zeit.

Wie sieht denn der Ablauf bei euren Treffen klassisch aus?

Los geht es immer mit einem kleinen Gymnastikprogramm, dann gibt es das sogenannte Lauf ABC, das uns auf die muskuläre und koordinative Beanspruchung beim Laufen oder Walken vorbereitet. Dann teilen wir uns meist in zwei Gruppen auf: Die eine Gruppe bleibt am Treffpunkt an der Sportbox und nutzt den 400 Meter langen Trimm dich-Pfad zum Nordic Walking und die zweite Gruppe läuft um den kleinen Aasee. Wobei das Tempo eher niedrig ist, damit wirklich alle gut mitkommen. Auf Wunsch geben wir auch methodische Tipps an die Hand, wie man Schritt für Schritt einen Dauerlauf von ungefähr 30 Minuten schaffen kann. Manchmal bilden wir auch noch eine dritte Gruppe, um in Intervallen zum Dauerlauf hinzuführen. Der Ablauf ist also im Grunde immer der gleiche, wir haben da eine feste Struktur.

Das heißt, ich muss kein bestimmtes sportliches Level beherrschen, um mitzumachen?

Ganz genau, den Bewegungstreff macht gerade aus, dass ganz unterschiedliche Menschen zusammenkommen: unterschiedliches Alter, unterschiedliche Hintergründe und eben auch unterschiedliche sportliche Vorerfahrung. Was uns zusammenbringt, ist die gemeinsame Freude an der Bewegung.

Wer sich jetzt für den Bewegungstreff für Menschen mit Depression interessiert und vielleicht selbst mal teilnehmen möchte: Können Interessierte einfach jederzeit zu euren Treffen kommen?

Ja, unsere Gruppe ist offen. Wer also Interesse hat, kann einfach zu unserem Treff dazukommen. Der findet immer donnerstags von 17.00 bis 18.00 Uhr auf dem Gelände der Sentruper Höhe statt. Treffpunkt ist die Sportbox am Trimm dich-Pfad. Da der Treff von der Stadt unterstützt wird, ist die Teilnahme kostenlos und eine Anmeldung nicht nötig. Es muss auch niemand nachweisen, dass er oder sie wirklich an Depression erkrankt ist (lacht). Seit August gibt es auch im Wienburgpark in der Nähe des Spielplatzes eine Gruppe, die sich um 19.00 Uhr trifft.

Zum Schluss: Wie erlebst Du als Betroffener den gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Depression – als immer noch stigmatisiert?

Also da hat in den letzten Jahren auf jeden Fall ein Prozess begonnen. Dazu gehört als erstes, dass die Krankheit Depression überhaupt als Krankheit anerkannt wird. Viele haben da einfach immer noch ein Verständnisproblem. Depression hat eben nichts damit zu tun, dass man sich nur mal „zusammenreißen“ müsste. Von außen ist das oft schwer nachzuvollziehen. Das ging mir selbst ganz genauso, bevor ich dann selbst betroffen war. Eine psychische Erkrankung sieht man dem Menschen nicht an, das macht es viel schwerer zu verstehen. Bis eine Depression wie jede andere Krankheit anerkannt wird, dauert es aber sicher noch Jahre.

Quelle Text: Münster aktiv
Quelle Bild: pexels.com (Gustavo Fring)