In herausragender Verfassung befinden sich Jan-Eric Frehe und Leonard Horstmann. In Gladbeck bzw. Regensburg überzeugten sie sowohl im Einzel als auch mit der DLV U23-Staffel. Tabea Christ begeisterte im Weitsprung.

Die Freiluftsaison 2024 ist noch jung und doch steht bereits Ende Mai fest: Jan-Eric Frehe und Leonard Horstmann haben sich derart verbessert, dass sie fester Bestandteil der nationalen U23-Sprintspitze sind. Mit wegweisenden Leistungen in Gladbeck und Regensburg nehmen sie zugleich Kurs gen Bergen; in der norwegischen Hafenstadt finden 2025 die U23-Europameisterschaften statt, schon jetzt sind die Ambitionen von Frehe und Horstmann sowohl im Einzel als auch in der 4×100 Meter-Staffel gewichtig. Indes schickt sich Tabea Christ an, sieben Jahre nach ihren internationalen Jugend-Meriten wieder in die deutsche Weitsprung-Top 10 vorzustoßen.

4×100 Meter: Frehe und Horstmann gemeinsam im Nationaltrikot

Lars Goldbeck und Jan Vogt kommen ins Schwärmen, wenn sie über die beiden Senkrechtstarter der Saison sprechen: „Beide haben den nächsten Schritt gemacht, sie gehören jetzt zu den schnellsten U23-Sprintern Deutschlands. Folgerichtig sind sie Teil der DLV-Staffel-Vorauswahl für Bergen.“ Bei der hochkarätig besetzten Sparkassen Gala in Regensburg (25.05.) erlebten Jan-Eric Frehe und Leonard Horstmann einen besonderen Moment: Gemeinsam gingen sie in der 4×100 Meter-Staffel für die DLV U23-Auswahl an den Start, das Nationalteam stürmte mit Frehe (Startläufer) und Horstmann (Schlussläufer) in 39,68 Sekunden zum Sieg. In den Tagen rund um das Meeting formierte sich das Team, neben der staffelspezifischen Arbeit an den Wechseln schworen sich Jan-Eric Frehe, Ivo Ziebold (Dresdner SC), Heiko Gussmann (Sprintteam Wetzlar) und Leonard Horstmann auf das große Ziel „Bergen 2025“ ein.

10,42 Sekunden: Bestenlisten-Spitze für Jan-Eric Frehe 

Für Jan-Eric Frehe war es der erste Einsatz im Nationaltrikot überhaupt. Verdient hatte er sich sein Ticket am Vorwochenende beim Gladbecker Borsig-Meeting: Bereits im Vorlauf steigerte der 21-Jährige seine Bestzeit auf starke 10,51 Sekunden, im Finale legte er bei perfekten Windbedingungen (+2,0 m/s) pfeilschnelle 10,42 Sekunden nach. Im Vergleich zu 2023 hat er damit seine PB um satte 25 Hundertstelsekunden nach unten geschraubt – ein Zwischenstand, der auch den ehrgeizigen Frehe verblüfft: „Ich habe zwar nach der erfolgreichen Hallensaison mit einem großen Sprung gerechnet und wusste um meine gute Trainingsform. Dass es allerdings direkt im ersten Wettkampf so gut läuft, hat mich überrascht.“ Die A-Norm für die Aktiven-DM in Braunschweig hat Jan-Eric Frehe damit sicher abgehakt, in der deutschen U23-Bestenliste rangiert er auf dem geteilten Spitzenplatz.
Ein gutes Jahr ist vergangen, seitdem sich Jan-Eric Frehe der Trainingsgruppe von Lars Goldbeck und Jan Vogt angeschlossen hat. Die Reize im vielleicht leistungsdichtesten Sprintteam Deutschlands saugt er gierig auf und münzt sie in immer neue Meilensteine um. „Wir lernen Jan-Eric zunehmend besser kennen, umgekehrt wird ihm das Training von Lars und mir immer vertrauter“, beschreibt Jan Vogt die Zusammenarbeit. Vogts Analyse des Finals von Gladbeck offenbart weiteres Potenzial: „Jan-Eric hatte einen technisch sehr unrunden Start, mit der Endgeschwindigkeit gab es dann aber kein Halten mehr.“ Im nationalen Vergleich der U23-Sprinter muss der einstige Ibbenbürer niemanden fürchten. Im direkten Aufeinandertreffen der Staffel-Läufer war er in Regensburg sowohl im Vorlauf (10,48 Sekunden) als auch im Finale (10,53 Sekunden bei 0,8 m/s Gegenwind) klar der Schnellste.
Die EM 2025 ist seitdem in seinem Hinterkopf: „Die Chance, in Regensburg für den DLV an den Start zu gehen hat mich riesig gefreut und ich hoffe, im Hinblick auf Bergen zu einem festen Bestandteil dieses Teams zu werden. Auch von der Einzelnorm bin lediglich 0,02 Sekunden entfernt.“ Selbst die Norm für den DLV-Perspektivkader, der den Blick auf die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles richtet, ist für Frehe nach seiner großen Steigerung kein Ding der Unmöglichkeit: Als Athlet des Jahrgangs 2003 müsste er in der laufenden Saison entweder eine Sprint-Kombination von 10,30 Sekunden für die 100 Meter und 21,10 Sekunden für die 200 Meter oder drei 100 Meter-Sprints mit einem Mittelwert von 10,35 Sekunden anbieten.

Zunächst warten auf Frehe aber lukrative nationale Herausforderungen: Bei der Aktiven-DM in Braunschweig (28.-30. Juni) dürfte insbesondere die 4×100 Meter-Staffel im Fokus stehen, eine Woche später wird er bei der U23-DM in Mönchengladbach (05.-07. Juli) klarer Kandidat für Einzel-Edelmetall sein.

21,25 Sekunden: Leonard Horstmann bestätigt 200 Meter-Quantensprung

Seinen Quantensprung über die 200 Meter, den Leonard Horstmann bei der Hochschul-DM mit einem Hauch zu viel Rückenwind vollzogen hatte, bestätigte er jetzt bei regulären Bedingungen: 21,25 Sekunden trommelte der 19-Jährige bei annähernder Windstille auf die Bahn. Lediglich drei deutsche U23-Sprinter waren in diesem Jahr schneller, auch das Ticket für die Aktiven-DM in Braunschweig ist Leonard quasi sicher. Hinzu kamen sowohl in Gladbeck als auch in Regensburg starke 10,56 Sekunden über die 100 Meter (PB). Leonard weist damit im jüngsten U23-Jahrgang das stärkste 100/200 Meter-Doppel im nationalen Vergleich auf. Entsprechend hoch steckt er jetzt die Ziele für den weiteren Saisonverlauf: „Ich möchte über die 200 Meter der 20 vor dem Komma näherkommen und die Norm für den Bundeskader erfüllen.“
Ebenso wie Teamkollege Frehe schätzt Leonard Horstmann jenseits der Individualebene die Berücksichtigung für den nationalen Staffel-Pool: „Es ist großartig, erneut Teil des DLV Staffel-Pools zu sein. Ein paar der Jungs kenne ich von der U20-EM des Vorjahres, die gesamte Gruppendynamik ist sehr gut.“ Mit Heiko Gussmann und Ivo Ziebold hat der LG-Athlet im Sommer 2023 eine stimmungsvolle U20-EM in Jerusalem erlebt. Beide Staffel-Teamkollegen hatte er im Übrigen, wie bereits bei seinem U20 DM-Gold-Coup von Rostock, in der Regensburger Einzelkonkurrenz im Griff.

6,32 Meter: Tabea Christ springt in die Nähe ihrer Jugend-PB

Bei den deutschen Hochschulmeisterschaften hatte Tabea Christ angedeutet, dass sie auch im Weitsprung bereit ist für ihren zweiten leistungssportlichen Frühling. Wie rasch und deutlich der Schub nach vorne ausfallen würde, darf man als phänomenal bezeichnen: Mit Flügen auf 6,21 Meter (zweiter Versuch) und 6,32 Meter (sechster Versuch) gelang ihr in Gladbeck der drittstärkste Karriere-Wettkampf. Lediglich vor sieben Jahren, als Jugendliche bei der U20-EM in Grosseto, ging es in der Qualifikation und im Finale noch weiter, 6,41 Meter waren damals gleichbedeutend mit EM-Silber. Heute, im Alter von 26 Jahren, sagt eine emotionale Tabea Christ: „Ich bin mehr als zufrieden und super stolz, nach so langer Zeit wieder in die Nähe meiner PB von 2017 zu springen.“ Nur drei Zentimeter fehlten der überlegenen Siegerin des Borsig-Meetings zur A-Norm für Braunschweig, aktuell belegt Tabea Rang 13 in der äußerst starken nationalen Weitsprung-Konkurrenz.
Entscheidend für ihre Performance ist einerseits die Geschwindigkeit: Nie zuvor in ihrer Karriere hat Tabea Christ schnellere 100 Meter-Zeiten erzielt als in diesem Jahr (11,85 Sekunden/Duisburg, 11,92 Sekunden/Gladbeck). Gleichzeitig gewinnt sie zunehmend an Sprung-Sicherheit und bleibt trotz ihrer enormen Erfahrung stets offen für Tipps: „Ich wollte nach der im zweiten Versuch knapp übertroffenen B-Norm im Anlauf mehr riskieren und einen Tipp von Lars umsetzen. Mit der Unterstützung des Publikums und vor allem der mitgereisten Münsteraner hat es im letzten Versuch am Brett optimal gepasst“, berichtet die Doktorandin der Uni Münster, die sich eine weitere Steigerung zutraut. Limitierender Faktor ist allerdings ihr lädiertes Knie; damit dieses nicht über Gebühr beansprucht wird, legt Tabea Christ in Absprache mit Lars Goldbeck zunächst eine Wettkampfpause ein.

7,46 Meter: Maxi Busse nähert sich der A-Norm

In kleinen Schritten robbt sich Maxi Busse an die Weitsprung-A-Norm (7,55 Meter) heran: Sowohl in Gladbeck (7,38 Meter) als auch in Regensburg (7,46 Meter) gelang ihm eine neue Saisonbestleistung oberhalb der B-Norm für Braunschweig. Der 24-Jährige liegt damit in Schlagdistanz zur nationalen Top 10 und darf sich berechtigte Hoffnungen auf einen DM-Start machen. In Regensburg behielt er die Oberhand gegenüber der Konkurrenz. Jetzt hofft er auf den Ausreißer nach oben.

LG-Sprintgarde beeindruckt mit hoher Leistungsdichte

Zu den strukturellen Highlights des ersten Saisondrittels zählt sicherlich die geschlossene Team-Performance der Sprintgarde: Im Kurzsprint ebenso wie im Hürdensprint und im Langsprint bieten vor allem die Männer Klasse und Masse an. Joshua Wagner mit neuer Saisonbestleistung über die 110 Meter Hürden (14,22 Sekunden / Bestätigung DM-A-Norm), Gabriel Wusu mit starker 100 Meter-Bestzeit (10,63 Sekunden) und Rekonvaleszent Jakob Bruns mit ermutigender 100 Meter-Saisonbestzeit (10,76 Sekunden) stehen ebenso dafür wie die Viertelmeiler Bastian Sundermann (49,02 Sekunden), Benjamin Gebhardt (49,16 Sekunden) und Silyan Peshev (49,36 Sekunden).
Mit den erzielten Leistungen steigen zugleich die Ansprüche. So stellt Hürden-Ass Joshua Wagner die bisherige Entwicklung nicht zufrieden. Die Nummer acht der aktuellen deutschen Bestenliste und Trainer Jan Vogt wollen mehr: „Die bisherigen Läufe waren noch nicht sauber getroffen. Die frühe A-Norm erlaubt uns aber, ein paar Dinge auszuprobieren, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Knoten platzt.“ Anders ist die Ausgangslage bei Bastian Sundermann: Nach seinem äußerst fordernden Bundesfreiwilligendienst am Uniklinikum Münster ist er aktuell froh, körperliche Frische in höhere Trainingsintensitäten umzusetzen. Als erstes Zwischenresultat kann Bastian die Norm für die U23-DM in Mönchengladbach verbuchen.
Im weiblichen Sprintbereich setzt neben Tabea Christ wie bereits in der Halle Maja Huesmann Akzente: In Gladbeck unterbot sie erstmals in ihrer Karriere die 12 Sekunden-Marke (11,99 Sekunden). Zur B-Norm für Braunschweig fehlen noch vier Hundertstelsekunden. Die Norm für die U23-DM (12,20 Sekunden) hat Maja sicher abgehakt. Fiona Wildemann (110 Meter Hürden) ist bisher noch nicht in der gewünschten Verfassung, kann ihre Vorjahres-Bestzeit in den kommenden Wochen aber sicherlich unterbieten.

U20: Mieszko Szczerbiak und Nils Bovekamp überzeugen in Gladbeck

In der U20 gelang den Nachwuchssprintern Mieszko Szczerbiak und Niels Bovekamp ein jeweils überzeugender Doppelstart über die 100 und die 200 Meter: Mit neuen persönlichen Bestleistungen sind sie vor allem über die 100 Meter (Mieszko: 11,20 Sekunden / Nils: 11,22 Sekunden) zu Aspiranten für die U20-DM-Norm (11,15 Sekunden) aufgestiegen. In der westfälischen Bestenliste belegen sie die Plätze vier und fünf. Über die 200 Meter befindet sich Mieszko nach einer Steigerung auf 22,72 Sekunden ebenfalls in Schlagdistanz zur DM-Norm. Im Wurfbereich packte Henrik Laufer mit dem Speer (52,32 Meter) eine neue PB aus.
Im weiblichen Nachwuchs gingen die besten Leistungen auf das Konto von Laura Brandhofe: Über 100 Meter stellte Laura in 12,68 Sekunden eine neue persönliche Bestzeit auf, im Weitsprung bedeuteten 5,51 Meter Saisonbestleistung. Sophia Budny steigerte sich über die 400 Meter auf 62,00 Sekunden.
Quelle Text + Bild: LG Brillux