Zur Eröffnung der Hallensaison ist der Spannungsbogen speziell in den Sprint- und in den technischen Disziplinen beachtlich. Seit den letzten Freiluft-Wettkämpfen sind etwa vier Monate vergangen, die Saisonpause, der Wiedereinstieg und der erste intensive Trainingsblock liegen hinter den Athlet*innen. In Düsseldorf (17.12.) und Dortmund (18.12.) unterzogen sich ein Teil der starken (Lang-)Sprint-Fraktion und aufstrebende Talente der LG Brillux Münster aus dem vollen Training heraus einer Standortbestimmung.

Kai Sparenberg: Reserven in Düsseldorf, topmotiviert ins nächste Jahr

Kai Sparenberg war nach guten Trainingsresultaten für seinen Doppelstart in Düsseldorf optimistisch. Der Einstieg über die 60 Meter ging in Ordnung: Auf 7,05 Sekunden im Vorlauf folgten 7,03 Sekunden im Finale (Platz 3) – zwei Hundertstelsekunden langsamer als bei seinem ersten Hallenrennen vor einem Jahr an gleicher Stelle. „Ich habe die Pick-Up-Phase nicht so gut getroffen, sonst hätte auch die 6 vor dem Komma stehen können“, war Kai mit der kurzen Sprintstrecke recht zufrieden. Seine eigentliche Hauptstrecke, die 200 Meter, hielten dann aber eine Enttäuschung bereit: 22,08 Sekunden ohne erkennbaren Fehler waren nicht das, was Kai und sein Trainer Peter Seiffert erwartet hatten. „Wir gingen von einer Zeit unter 22 Sekunden aus, aber die war es eben nicht. Erklären können wir es uns nicht, zugleich gibt es keinen Grund beunruhigt zu sein“, kommentierte Seiffert das Rennen. Möglich, dass auch die Überlegenheit im Feld eine Rolle spielte, denn Kai hatte letztlich einen Vorsprung von fünf Zehntelsekunden auf seinen Teamkollegen Silyan Peshev (22,59 Sekunden).
Der Fahrplan für die Indoor-Monate ist indes abgesteckt: In der ersten Januarwoche wird der 27-Jährige in Dortmund starten, es folgen mit den Westfalen- und den NRW-Meisterschaften zwei echte Prüfsteine, die zugleich Durchgangsstationen für das eigentliche Ziel sein sollen: die Deutschen Hallenmeisterschaften in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle am 18./19. Februar. 21,60 Sekunden müssen dafür im Idealfall her (A-Norm), im Normalfall reichen aber 21,90 Sekunden für einen DM-Start. Die hat Kai allemal in den Beinen und auch die Motivation passt: „Anders als im letzten Jahr, das von einer Muskelverletzung geprägt wurde, möchte ich eine komplette Hallensaison absolvieren. Ziel für 2023 ist es, an alte Leistungen anzuknüpfen“, ist Kai auch nach über zehn Jahren ambitionierten Leistungssports immer noch hungrig.

Doppelbelastung Arbeit und Leistungssport

Das ist bemerkenswert: Seit seinem Berufseinstieg im Frühjahr 2021 stellt er sich der herausfordernden Doppelbelastung. „Das ist schon etwas anderes als zu Studienzeiten. Insbesondere fallen die Regenerationszeiten deutlich kürzer aus“, stellt er fest. Dass Kai dennoch sein hohes Niveau halten kann, verdankt er auch seinem Umfeld: „Ich bekomme die beste Unterstützung von meiner Freundin und meinen Eltern. Auch unsere kleine Trainingsgruppe hat sich auf eine für mich optimale Trainingszeit geeinigt. Auf diese Weise kann ich alles einigermaßen gut unter einen Hut bringen.“ Gemeinsam mit Peter Seiffert wird Kai Sparenberg in den nächsten Monaten vor allem an seiner Grundschnelligkeit arbeiten. „Mit einem verbesserten Geschwindigkeitsniveau wollen wir bei der Freiluft-DM in Kassel über die 200 Meter vertreten sein und auch um die begehrten Staffelplätz ‚streiten‘“, richtet Trainer Seiffert den Blick auf den Sommer.

Silyan Peshev: Stark verbessert in Richtung der bulgarischen Meisterschaften

Langsprinter Silyan Peshev verfolgt sein eigenes Meisterschafts-Projekt: Der 20-Jährige, der an der Uni Münster den Bachelor „Human Movement in Sports and Exercise“ absolviert, ist bulgarischer Staatsbürger und bereitet sich aktuell auf die nationalen Meisterschaften vor. „Silyan zählt zu den Treppchen-Kandidaten. Er schielt zudem auf eine Nominierung für die Nationalstaffel“, räumt Trainer Jan Vogt seinem hochveranlagten Schützling gute Chancen ein. In Düsseldorf und Dortmund wartete auf dem Weg nach Sofia die erste harte Belastungsspitze mit drei Rennen in zwei Tagen – eine Simulation des meisterschaftsspezifischen Rhythmus, zugleich der Abschluss eines Trainingsblocks mit dem Fokus auf Schnelligkeit und Stehvermögen. Silyan löste die Aufgabe mit Bravour: Nicht nur gelang ihm in Düsseldorf eine Steigerung seiner persönlichen 60 Meter-Bestleistung von 7,26 auf 7,19 Sekunden (Platz 4); vor allem stieg er auf den 200 Metern in 22,59 Sekunden mehr als drei Zehntel schneller ein als vor Jahresfrist. „Silyan konnte die starken Eindrücke aus dem Training bestätigen“, war Jan Vogt sehr zufrieden. Auch hinter die meisterschaftsspezifische Simulation konnte das Duo einen Haken setzen, ließ Silyan Peshev in Dortmund doch gute 22,78 Sekunden folgen.

Sarah Krämer nähert sich ihrer 200 Meter-Freiluftbestleistung

Disziplin-Kameradin Sarah Krämer knüpfte in Düsseldorf an ihre Entwicklung des Sommers an. Über die 60 Meter steigerte sie ihre bisherige Bestleistung um satte 15 Hundertstel auf 8,12 Sekunden, auch über die 200 Meter lief sie in 26,58 Sekunden deutlicher schneller als bisher unterm Hallendach und näherte sich sogar ihrer Freiluft-Bestzeit. Die Konkurrenz gewann Sarah überlegen. „Sobald es ins wettkampfspezifische Training geht, ist ein Leistungssprung zu erwarten“, sieht Vogt die 400 Meter-Spezialistin auf dem richtigen Weg.

Maja Huesmann mit DM-Norm, Ida Schwering in Position

Das gilt auch für die Nachwuchs-Asse Maja Huesmann und Ida Schwering, die in Dortmund erste Statements setzten: Maja, die für 2023 erneut in den Landeskader berufen wurde, eröffnete im 60 Meter-Vorlauf mit 7,89 Sekunden und ließ als Final-Siegerin starke 7,79 Sekunden folgen. Damit hat sie schon jetzt die U20-DM-Norm abgehakt. Fast hätte auch Ida Schwering den Standard für Dortmund geknackt: Beim überlegenen Sieg in 9,14 Sekunden schrammte sie um vier Hundertstel an der Norm vorbei. Die Mehrkämpferin, die im September ihr duales Studium bei der Polizei aufgenommen hat, dürfte das bald nachholen.

Talente Franziska Lupfer, Tim Gesterkamp und Sarah Heger rüsten sich für erstes U20-Jahr

Im Übergang von der U18- in die U20-Klasse haben sich einige aufstrebende Talente, die bisher von Ronja Siekmann betreut wurden, der Trainingsgruppe von Lars Goldbeck und Jan Vogt angeschlossen. Für Franziska Lupfer, Tim Gesterkamp und Sarah Heger gilt es insofern, die neuen Trainingsreize zu adaptieren und den herausfordernden Schritt in den U20-Jungjahrgang zu vollziehen. In Düsseldorf und Dortmund setzte das Trio mit Einstiegen im Bereich ihrer persönlichen Bestleistungen ein Zeichen:
Die vielseitig veranlagte Franziska Lupfer startete erstmals überhaupt auf der 200 Meter-Strecke; 27,47 Sekunden (Platz 2) waren dann aber mehr als nur ein Herantasten an die Strecke. „Mit dieser Zeit ist sie schon jetzt eine Kandidatin für die U20-Staffel. Dabei bot Bahn zwei für Franzi als groß gewachsene Athletin angesichts der engen Kurvenradien keine guten Bedingungen – umso stärker ist ihr Lauf zu bewerten“, war Jan Vogt beeindruckt.
Tim Gesterkamp gelang das Kunststück, in Düsseldorf sogar unter seiner 200 Meter-Freiluft-Bestzeit zu bleiben: 23,49 Sekunden sind für den 17-Jährigen ein großer Schritt nach vorne und untermauern seine Langsprint-Ambitionen. Jan Vogt: „Tim ist zur Trainingsgruppe von Bastian Sundermann, Silyan Peshev, Gabriel Wusu und Sarah Krämer gestoßen. Er hat unter Beweis gestellt, dass über die 400 Meter im ersten U20-Jahr mit ihm zu rechnen seine wird.“ In Dortmund bestätigte Tim Gesterkamp seine Leistung, wurde aber auf der engen Bahn nach zwei Berührungen der Innenlinie disqualifiziert.
Hürdenläuferin Sarah Heger knickte in Dortmund an der ersten Hürde um, näherte sich in 9,36 Sekunden aber dennoch ihrer 60-Meter Bestleistung an. Nachdem sie im Sommer lange verletzt war, hat ohnehin das Sammeln von Wettkampfpraxis Priorität. „Wenn Sarah weiterhin auf dem aktuellen Niveau trainieren kann, wird von Wettkampf zu Wettkampf noch mehr möglich sein“, ist Jan Vogt optimistisch.
Auch die U18-Athlet*innen Eric Schwarze (60 Meter: 7,54 Sekunden; 200 Meter: 24,15 Sekunden), Justus Lakemper (60 Meter: 7,56 Sekunden; 200 Meter: 24,89 Sekunden), Laura Brandhofe (60 Meter: 8,24 Sekunden) und Henrik Laufer (60 Meter: 8,30 Sekunden) stiegen teils mit Bestleistungen in die Saison ein.
Quelle Text + Bild: Presse LG Brillux