Bei den deutschen Hochschulmeisterschaften überzeugte eine LG-Delegation, im Einsatz für die Uni Münster und die FH Münster. Überragend: Leonard Horstmann, Joshua Wagner, Hendrik Jürgens und Tabea Christ.

Die deutschen Hochschulmeisterschaften setzen traditionell zum Auftakt der Freiluftsaison einen ersten Peak für die Studierenden unter den Leichtathletinnen und Leichtathleten. Einerseits gilt es dann, nationale Meriten für die eigene Hochschule zu erwerben. Andererseits sind die erzielten Leistungen für Bestenlisten und Normen zu verwerten, was die Wettkämpfe auch für die Vereine spannend macht. Dem entsprechend gingen 15 Athlet:innen der Universität Münster und der Fachhochschule Münster in doppelter Mission an den Start. Mit elf Medaillen, darunter fünf Titeln als „deutsche Hochschulmeisterin/deutscher Hochschulmeister“ und mehreren DM-Normen erfüllten sie beide Teile der Mission mit Bravour.

Leonard Horstmann avanciert zum Studierenden-Sprintkönig, Hendrik Jürgens verblüfft

Die schnellsten Sprinter der Studierenden in Deutschland kommen aus Münster: Gold und Silber über die 100 und die 200 Meter, Silber über die 110 Meter Hürden und Gold für die 4×100 Meter-Staffel waren die beeindruckende Bilanz der männlichen Garde. Angeführt wurde sie von Leonard Horstmann (Uni Münster), der in Duisburg mit zwei Einzeltiteln zum Sprintkönig der Studierenden avancierte.
Dabei war es zunächst Hendrik Jürgens (Uni Münster), der im 100 Meter-Vorlauf für ein dickes Ausrufezeichen sorgte: In 10,59 Sekunden pulverisierte er seine Vorjahres-Leistungen und unterbot auch seine fünf Jahre alte Bestzeit (10,75 Sekunden) deutlich. Mühelos hakte der 24-Jährige die B-Norm für die Aktiven-DM in Braunschweig (10,72 Sekunden) ab, plötzlich rückt die A-Norm (10,50 Sekunden) in Schlagdistanz. Verblüfft registrierte Hendrik auf der Anzeigetafel seinen Quantensprung: „Im Training hatte sich für mich eigentlich nur angedeutet, dass mein Start sehr gut ist, aber ich hatte kein Gefühl dafür, wie ich im fliegenden Teil des Rennens laufen könnte. Dass dann nach dem Vorlauf eine 10,59 auf der Uhr stand, hat mich deshalb sehr überrascht.“
Leonard Horstmann rollte sich im Vorlauf in 10,79 Sekunden ein. Im Finale steigerte er sich dann enorm, angespornt auch durch seinen Kommilitonen Hendrik Jürgens, der dem überragenden Meisterschafts-Sprinter Leonard Horstmann ein enges Rennen lieferte – bei Windstille behielt Leonard in ausgezeichneten 10,62 Sekunden (PB) die Oberhand, eine Hundertstel vor Hendrik (10,63 Sekunden). Die Konkurrenz aus Kassel, Siegen und Bamberg folgte mit gehörigem Respektabstand.

Hendrik Jürgens dank hervorragender Trainingsaussteuerung verletzungsfrei

Hoch zufrieden konnte nach der Leistungsbestätigung indes auch Hendrik Jürgens sein, der unter der Führung von Lars Goldbeck und Jan Vogt zu alter Klasse emporgestiegen ist. Hendrik, der bereits im U20-Bereich ein vielversprechender Kurzsprinter war, erklärt das so: „Nach der Jugend konnte ich mich aufgrund von Verletzungen über mehrere Jahre nicht mehr weiterentwickeln. Das Training von Lars und Jan funktioniert für mich hervorragend, das gilt besonders für die Belastungssteuerung und die Reizsetzung. Wir arbeiten im Übrigen an jeder Rennphase, vor allem an meinem Laufstil im freien Sprint – die Fortschritte sind gut.“ Das Gesamtkonstrukt, es passt für Hendrik Jürgens wieder, denn auch die Gemeinschaft der Trainingsgruppe beflügelt ihn.
Für den weiteren Saisonverlauf plant er nach dem Doppelschlag von Duisburg fest mit der DM in Braunschweig, wobei er sich auch für die 4×100 Meter-Staffel nachdrücklich empfohlen hat. „Das ist ein großes Ziel für mich, denn wir haben mehrere starke Jungs in der Staffel und sollten gute Chancen bei den Deutschen Meisterschaften haben“, hebt Hendrik Jürgens den Stellenwert der Staffel hervor. In Duisburg ließ er nach zwei schnellen Rennen dem Quartett Benjamin Gebhardt, Joshua Wagner, Fabian Engels, Maximilian Busse den Vortritt, das in 42,55 Sekunden dominierte.

200 Meter: Leonard Horstmann mit fulminantem Rennen bei 2,1 m/s Rückenwind

Für Leonard Horstmann folgte der Höhepunkt des Tages gute zwei Stunden nach dem 100 Meter-Finale. Auf der doppelten Distanz sprach manches für das nächste Brillux-interne Duell, denn Gabriel Wusu hatte eine Woche zuvor in Garbsen bei Gegenwind eine starke erste Marke (21,47 Sekunden) gesetzt. Jedoch war Leonard am Himmelfahrtstag nicht zu bremsen: Fulminante 21,20 Sekunden brannte er auf die Bahn und kam mit großem Vorsprung vor Gabriel Wusu (21,49 Sekunden) ins Ziel. Der Schönheitsfehler: Mit 2,1 Metern pro Sekunde schob der Wind die Athleten einen Hauch zu stark an, sodass Leonard die offizielle persönliche Bestleistung ebenso verwehrt blieb wie die Punktlandung zur DM-A-Norm. Verschmerzen konnte der Modellathlet den Wehrmutstropfen problemlos, denn die Formkurve weist steil nach oben. Das sieht auch Horstmann selbst so: „Auch wenn die Saison gerade erst begonnen hat, bin ich schon extrem zufrieden mit den Ergebnissen. Insbesondere die 21,20 Sekunden zeigen mir, dass das Training die perfekten Reize setzt und dass es die richtige Entscheidung war sich auf den Sprint zu konzentrieren.“

Die 20 vor dem Komma fest im Blick, Bergen 2025 im Hinterkopf

Nachdem Leonard Horstmann, von Haus aus Weitspringer, in den letzten Jahren zweigleisig unterwegs war, setzt das Duo Horstmann/ Goldbeck seit dem Gold-Coup der U20-DM in Rostock alles auf die Karte Sprint – eine Entscheidung, die sich schon jetzt auszahlt. „Eine Menge Luft nach oben“ spürt der 19-Jährige dennoch, was seinen Ehrgeiz unterstreicht. Ausschöpfen möchte er seine Reserven bis zur Aktiven-DM, das ausgezeichnete Umfeld seiner Trainingsgruppe stimmt ihn optimistisch: „Dank des zauberhaften Trainings von Lars und Jan bin ich mir sicher, dass wir dem großen Ziel einer 20er-Zeit schon bald deutlich näherkommen werden. Diese Saison hat erneut das Potenzial viele Leute zu überraschen – unter anderem mich selbst.“ Im Hinterkopf hat Leonard dabei schon jetzt die U23-Europameisterschaften 2025, die im norwegischen Bergen stattfinden werden. Für eine Einzel-Qualifikation dürfte eine Zeit um 20,80 Sekunden erforderlich sein – Leonard Horstmann verfügt dafür über alle Anlagen.

110 Meter Hürden: Joshua Wagner knackt die DM-A-Norm

Das Quäntchen mehr Wind-Glück hatte im Hürdenwald Joshua Wagner (FH Münster): Bei 1,6 m/s Rückenwind bot er im Vorlauf in 14,26 Sekunden die drittschnellste Zeit seiner Karriere an. Damit hakte Joshua im ersten 110 Meter Hürden-Rennen der Saison direkt die A-Norm für Braunschweig ab. Im Finale reichten 14,45 Sekunden für Silber. Joshua belegt vorerst Platz vier der deutschen Jahresbestenliste.

Gabriel Wusu voll im Soll, Fabian Engels überzeugt

Auch Gabriel Wusu ist nach den ersten Saisonrennen voll im Soll. Mit zwei Zeiten unter 21,50 Sekunden präsentiert er sich wie bereits unterm Hallendach auf einem neuen Leistungsniveau. Für den verletzungsanfälligen Sprinter bleibt dabei die Belastungsverträglichkeit der Schlüssel: „Seit Ende März hatte ich Probleme mit der Achillessehne – mittlerweile haben wir das wieder im Griff. Es wäre schön, zwei Saisons hintereinander schmerzfrei trainieren zu können, denn ich weiß, dass ich über extrem viel unausgeschöpftes Potential verfüge“, so Gabriel Wusu. Den körperlichen Drahtseilakt der vergangenen Jahre tariert er dank physischem Feintuning und behutsamer Trainingssteuerung besser aus, etwaige Turbulenzen fürchtet der 23-Jährige nicht: „Ich habe keine Angst vor kleineren Setbacks“, betont Gabriel, dessen doppelte 200 Meter-B-Norm die Ouvertüre einer spannenden Saison gewesen sein soll.
Überzeugend waren auch die Auftritte von Fabian Engels (Uni Münster), der über die 100 Meter (11,06 Sekunden) und die 200 Meter (22,17 Sekunden) neue Bestmarken setzte.

Tabea Christ knackt sieben Jahre alte 100 Meter-Bestzeit

Im Sprint der Frauen beeindruckte Tabea Christ mit dem nächsten Meilenstein-Rennen: Im 100 Meter-Vorlauf unterbot sie in 11,85 Sekunden ihre sieben Jahre alte persönliche Bestleistung und knüpfte damit nahtlos an ihre Leistungen aus der Halle an. Im Finale legte sie als Viertplatzierte 11,98 Sekunden nach. Mit 26 Jahren ist Tabea schneller denn je und hat an die Stelle von Erwartungsdruck pure Leidenschaft für den Sport und Freude am Wettkampf gesetzt. „Nach meinem Einstieg mit 12,15 Sekunden in Garbsen hatte ich gehofft, im Saisonverlauf die 12 Sekunden zu unterbieten. Dass ich dieses Vorhaben schon im nächsten Wettkampf so deutlich erreiche, macht mich wirklich sprachlos“, so Tabea Christ.
Als wichtige Erfolgsbausteine benennt die Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Bewegungswissenschaften des Fachbereichs Psychologie und Sportwissenschaft (Uni Münster) die neuen Trainingsimpulse von Lars Goldbeck und Jan Vogt. Die weiteren Planungen für den Sommer 2024 streben jetzt fokussiert auf die Aktiven-DM zu: „Da ich die B-Norm [11,95 s] relativ deutlich unterboten habe, hoffe ich natürlich auf einen Start in Braunschweig. Davon abgesehen freue ich mich, in den nächsten Wettkämpfen weitere Erfahrung zu sammeln.“
Neue Belebung verspürt Tabea Christ auch im Weitsprung, wo sie als Drittplatzierte ansprechende 5,91 Meter erzielte. „Zwei Jahre nach meinem letzten Wettkampf war ich etwas nervös, aber durch das Training auch optimistisch gestimmt. Anlaufprobleme haben dazu geführt, dass ich nur zwei gültige Sprünge hatte; die ungültigen Sprünge haben mir zugleich gezeigt, was möglich sein könnte, wenn alles zusammenpasst“, sagt die einstige 6,41 Meter-Springerin (2017), die angesichts von Patella-Problemen allerdings ein Fragezeichen hinter die Frequenz der kommenden Weitsprung-Ausflüge setzt.
Hinter Tabea Christ belegte Maja Huesmann im 100 Meter-Finale Platz fünf. In 12,00 Sekunden kratzte sie an der 11 vor dem Komma und unterbot ihre drei Jahre alte persönliche Bestzeit (12,03 Sekunden). Die B-Norm für Braunschweig rückt in Reichweite, zumal die Formkurve stark nach oben steigt. Platz fünf belegte Maja Huesmann auch im Weitsprung (5,73 Meter).

Kerstin Schulze Kalthoff mit überlegenem und überlegtem Auftritt, Jule Glaßer springt U23-DM-Norm

Gleichermaßen überlegen wie überlegt war der 1500 Meter-Auftritt von Kerstin Schulze Kalthoff, die sich in den letzten Monaten ihres Jura-Studiums an der Uni Münster befindet. Zwei Tage vor der Langen Laufnacht in Karlsruhe galt es, sich nicht zu verausgaben, aber dennoch den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Beides gelang: In 4:31,13 Minuten lag Kerstin satte fünf Sekunden vor der Zweitplatzierten und hatte zugleich kaum mehr als in einen lockeren Aufgalopp investiert.
Groß war die Freude bei Jule Glaßer, die 3,80 Meter (=PB) überquerte. Das reichte nicht nur für Bronze, sondern für eine Punktlandung zur U23-DM-Quali. Jule, die seit Anfang des Jahres in der Trainingsgruppe von Silke Spiegelburg trainiert und sich gut entwickelt, hat sicherlich weiteres Steigerungspotential. Auch für Linda Grabemeier (Platz 5) war der Wettkampf in Duisburg ein Durchbruch, stellte sie mit 3,65 Metern doch ihre fünf Jahre alte Bestleistung ein.

Maxi Busse (Gold) knapp an der B-Norm vorbei, Benjamin Gebhardt (Bronze) zurück auf der Rundbahn

Im Weitsprung war Maxi Busse (Uni Münster) überlegen, wobei es ihn sicherlich gewurmt haben dürfte, dass er im zweiten Springen der Saison das zweite Mal hauchdünn die B-Norm für Braunschweig verpasste. 7,34 Meter gingen in die Ergebnislisten ein. Langsprinter Benjamin Gebhardt ist nach gesundheitlichen Problemen im Winter zurück: In 49,17 Sekunden erzielte er als Drittplatzierte die zweitschnellste Zeit seiner Karriere. Dahinter überzeugte auch Silyan Peshev (Platz 4 / 49,58 Sekunden), der seinerseits nach Verletzungssorgen seit Jahresbeginn auf einem guten Weg ist.
Weitere Ergebnisse: 100 Meter Männer: Ole Bentz, 11,21 Sekunden. 200 Meter Frauen: Sarah Krämer, 26,48 Sekunden.
Quelle Text + Bild: Leichtathletik-Gemeinschaft Brillux Münster e.V.