Drei Talente der LG Brillux Münster repräsentierten bei der U20-EM die deutschen Farben: Silas Zahlten, Bastian Sundermann und Leonard Horstmann erlebten in Jerusalem einprägsame Tage.

Zum zweiten Mal in Folge war die israelische Hauptstadt Jerusalem Schauplatz der Titelkämpfe des europäischen Leichtathletik-Nachwuchses. Nach der U18-EM im Vorjahr gastierten jetzt die besten U20-Athletinnen und -Athleten in einer Stadt, die reich an Facetten ist: Jerusalem ist ein Mosaik der Kulturen, religiöser Sehnsuchtsort, atemberaubende Schönheit, Schauplatz des Nahostkonfliktes. Mehr als 1100 Top-Talente aus 44 Nationen wetteiferten an diesem besonderen Ort um Finalteilnahmen und Medaillen und versuchten gleichzeitig, zumindest einen kurzen Blick auf die imposante Stadt zu erhaschen. Silas Zahlten, Bastian Sundermann und Leonard Horstmann waren Teil des gut 100-köpfigen deutschen Teams, das am Ende der vier Wettkampftage die mit Abstand erfolgreichste Nation sein sollte.

Silas Zahlten: Harter Kampf um den Finaleinzug

Als Nummer sechs der Meldeliste hatte sich Silas Zahlten viel vorgenommen. Mit glänzender Form und der Empfehlung einer Gold- und einer Silbermedaille bei den deutschen U20-Meisterschaften reiste der 18-Jährige selbstbewusst an. Dass sich indes die Rahmenbedingungen weitgehend dem Einfluss des Einzelnen entziehen, erlebte Silas spätestens am Vorabend seines 3000 Meter Hindernis-Vorlaufs auf eine ebenso ungewöhnliche wie entnervende Weise: „In unserem Hotel fand eine jüdische Hochzeit statt. Bis Mitternacht war die Musik so laut, dass die meisten Sportler inklusive mir selbst nicht zur Ruhe kamen. Leider wurde vom Hotelpersonal auch nichts dagegen unternommen“, berichtet Silas. Der Wecker läutete nach bestenfalls vier Stunden Schlaf um 4 Uhr morgens zum Auftakt – der frühe Vorlauftermin um 8 Uhr Ortszeit ließ keine andere Wahl.
Das Schlafdefizit in Kombination mit unangenehmer Wärme machten das fest avisierte Vorhaben „Finaleinzug“ zu einer harten Prüfung, zumal sich im Givat-Ram-Stadion ein unrhythmisches, durch mehrere Stürze geprägtes Rennen entwickelte. „Ich selbst bin auch fast zu Fall gekommen. Letztlich konnte ich mich mit viel Aufwand ins Finale kämpfen“, erreichte Silas Zahlten als Siebter seines Laufs in 9:15,90 Minuten das Ziel. Vorlaufsieger Ferenc Soma Kovács (Ungarn) war dabei nur zwei Sekunden voraus.

Rang 13: Hitze-Finale als große körperliche Herausforderung

Mit guter Nachbereitung und einem ruhigen Zwischentag ging Silas zwei Tage darauf in sein erstes großes internationales Bahn-Finale. Anders als im Vorlauf drückte die Konkurrenz um den Top-Favoriten Sergio del Barrio (Spanien) vom ersten Meter an mächtig aufs Tempo. „Grundsätzlich war das eine angenehmere Konstellation als im Vorlauf, das Feld hat sich sofort als Perlenkette formiert, sodass die Sturzgefahr deutlich geringer war. Allerdings hat mir die Hitze sehr zugesetzt und ich bin kurz nach der 2000 Meter-Marke geplatzt – es ging dann nur noch darum, das Rennen ins Ziel zu bringen“, rekapituliert Silas Zahlten die 3000 Meter Hindernis als Kampf gegen die Hitze und den infolgedessen ausgelaugten Körper. In 9:12,49 Minuten passierte er die Ziellinie auf Rang dreizehn. Vorne lief Sergio del Barrio in 8:46,81 Minuten zu Gold, dicht gefolgt vom Franzosen Pierre Boudy (8:47,04 Minuten) und dem Ungarn Ferenc Soma Kovács (8:47,50 Minuten). „Die Zeit für die Anpassung an die Wetterbedingungen war einfach zu kurz. Wir sind in Deutschland bei kühlen 15 Grad gestartet, in Jerusalem hatten wir jeden Tag über 30 Grad – das war ein großer Kontrast“, benennt Silas den Knackpunkt Klima-Adaption.

„Ich bin stolz, Teil des Teams gewesen zu sein“

Trotz der verpassten Top 10-Platzierung zog Silas Zahlten ein positives Fazit, in das auch das Teamerlebnis einfloss: „Immerhin bin ich ins Finale eingezogen. Im Übrigen haben die Tage in Jerusalem viel Spaß gemacht. Die Leistungen des deutschen Teams waren in der Summe großartig und ich bin stolz, Teil des Teams gewesen zu sein.“

Bastian Sundermann: Imposanter Vorlauf als „geiles Erlebnis“

Seine erste internationale Meisterschaft überhaupt erlebte Bastian Sundermann, als Teil der deutschen 4 x 4000 Meter-Staffel. Zusammen mit Florian Kroll, Niclas Kaluza und Younes el Makrini gelang ihm ein imposanter Vorlauf, die deutsche Staffel finishte mit großem Vorsprung in ausgezeichneten 3:08,22 Minuten – in der Summe der Vorläufe war kein anderes Team schneller. Bastian erlebte das Geschehen im Givat-Ram-Stadion im Konzentrations-Tunnel: „Eingeprägt haben sich mir vor allem die unfassbare Hitze und die gut gefüllten Ränge. Von meiner eigenen Schlussrunde erinnere ich fast gar nichts, lediglich die letzten ca. siebzig Meter, als ich auf den Bildschirm blicke und meinen großen Vorsprung sehe. Es war ein geiles Erlebnis.“ Die deutschen 400 Meter-Läufer sind eine sehr gute Gemeinschaft, über die Jahre hat sich ein Rumpfteam leistungsstarker Akteure herauskristallisiert, man schätzt sich und harmoniert miteinander – auf der Bahn ebenso wie jenseits des Stadions.

Kein Finaleinsatz, mit Silber dekoriert auf dem Treppchen

Trotz der überzeugenden Vorstellung auf der Schlüsselposition vier gelangt Bastian Sundermann nicht der Sprung in die Final-Aufstellung. „Ich hätte im Vorlauf noch mehr Gas geben sollen. Ich wusste, dass die Konkurrenz groß ist, mit Florian, Louis und Malik hatte ich fürs Finale ohnehin fest gerechnet“, kommentierte er gewohnt ausgewogen und selbstkritisch. Die hohe nationale Leistungsdichte auf der Stadionrunde ließ den Bundestrainern die Qual der Wahl und die Entscheidung fiel insofern nicht gegen Bastian Sundermann, sondern für Elia Ziem; Ziem rutschte nach dem verpassten Finaleinzug auf seiner Paradestrecke, den 800 Metern, ebenso wie Malik Skupin-Alfa ins Team. Das deutsche Quartett zeigte im Finale eine erneut starke Vorstellung, in 3:07,75 Minuten belegte die Auswahl einen hervorragenden zweiten Platz, hinter Großbritannien (3:06,89 Minuten) und vor Frankreich (3:07,97 Minuten). Obgleich sich Bastian sehr für seine Weggefährten freute, konnte er für sich persönlich die Silber-Medaille nur bedingt feiern: „Es fühlte sich nicht so sehr nach meiner Medaille an, da ich nicht Teil des Final-Quartetts war. Der sportliche Teil der EM ist auch im Rückblick ein emotionaler Wirrwarr. Sicherlich kann ich aber stolz auf mich sein, dass ich in Jerusalem war und auch zum Einsatz kam.“

Gute Kontakte zu Franzosen und Italienern, imposante Momente an der Klagemauer

Die drei LG-Akteure Silas Zahlten, Bastian Sundermann und Leonard Horstmann verbuchten die U20-Europameisterschaft als prägendes Erlebnis ihrer bisherigen Karrieren. Auch das Geschehen abseits der Wettkämpfe trug dazu bei: Im Hotel knüpften die DLV-Athleten Kontakt zu den Franzosen und den Italienern, sogar ein Ausflug in die City glückte. „Wir haben die Klagemauer und den Markt im Herzen der Altstadt besichtigt. Das war sehr eindrücklich und hat im Übrigen auch den Teamspirit weiter gestärkt“, berichtet Bastian Sundermann, den ebenso wie Leonard Horstmann die weltbekannten Symbole und Bauwerke der israelischen Hauptstadt tief beeindruckten. Mit Betreuern des Verbandes und klar definierten Verhaltens-Empfehlungen, etwa dem Meiden von Menschenmengen und allgemeiner Besonnenheit, ermöglichte der deutsche Leichtathletikverband den jungen Athletinnen und Athleten imposante Erfahrungen.

DLV-Team auf Platz eins der Nationenwertung

Aus sportlicher Team-Perspektive gehen die U20-Europameisterschaften von Jerusalem als überaus erfolgreiches Event in die Annalen des DLV ein: Mit acht Mal Gold, acht Mal Silber und sieben Mal Bronze belegte das deutsche Team Platz eins der Nationenwertung; man könnte in der Summe sogar von einem dominanten Auftritt sprechen, der im Hinblick auf den U23- und den Aktiven-Bereich sehr ermutigend ist.
Den Übergang in die U23 vollziehen im Januar auch Silas Zahlten, Bastian Sundermann und Leonard Horstmann. Das Trio hat trotz einer langen, kräftezehrenden Saison Lust auf mehr und geht fest davon aus, dass der Einsatz in Jerusalem nicht der letzte Auftritt im Nationaltrikot war.
Quelle Text + Bild: Leichtathletik-Gemeinschaft Brillux Münster e.V.