Endlich wieder da: Nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause, ist der AGRAVIS Cup Münster in die Halle Münsterland zurückgekehrt. Dort gab es vom 11. Bis 15. Januar Reitsport der Spitzenklasse zu erleben. Das ehemals als K+K Cup bekannte Turnier bleibt dabei vielen regionalen Traditionen treu; so fanden auch in diesem Jahr wieder die beliebte Bauernolympiade und das Kostümspringen statt.

Highlight am letzten Turniertag: der Große Preis von Münster

Am Sonntagnachmittag dann das Highlight: der Große Preis von Münster, eine Springprüfung der schwersten Klasse. 40 Reiter-Pferde-Teams gehen an den Start und stellen sich dem Parcours. Und der hat es in sich: die verhältnismäßig kleine Halle zwingt zu engen Wendungen und perfekter Linienführung – sonst bleiben die Hindernisstangen nicht lange dort, wo sie hingehören, nämlich auf dem Sprungständer. Auf einer 400 Meter langen Strecke müssen elf Hindernisse mit insgesamt 14 Sprüngen überwunden werden. Nur, wer das fehlerfrei schafft und in der erlaubten Zeit von 69 Sekunden bleibt, qualifiziert sich für das anschließende Stechen. „So ein Turnier sucht in Deutschland seinesgleichen“, ist sich Carsten Sostmeier sicher, der die Prüfung kommentiert.

Von allen 40 Teilnehmenden schaffen es am Ende nur sechs ins Stechen, für das der Parcours eigens noch einmal umgebaut und verkürzt wird. Die ersten vier Reiter schaffen die neue Strecke gut, aber nicht optimal: Bleiben alle Stangen liegen, ist die Runde etwas zu langsam, andere sind zwar schneller, fangen sich aber durch Abwürfe Strafpunkte ein.

Publikumsliebling mit Turboantrieb

Besonders begeisterter Applaus brandet in der Halle auf, als sich das fünfte Paar, Mario Maintz vom RV Laer e.V. mit Wallach Oak Grove’s Clown in den Parcours wagt. Das Paar war schon in der Vorrunde zum Publikumsliebling avanciert, der braune Wallach mit der markanten Blesse im Gesicht und sein Reiter waren auffallend schnell unterwegs gewesen, Maintz war frech geritten, hatte viel riskiert. Jetzt also die Entscheidung: kann Oak Grove’s Clown auch in der finalen Runde mit derselben Power punkten? „Pass‘ auf, jetzt geht’s richtig los – Gott, ich kann gar nicht hinschauen“, flüstert es aus den Zuschauerrängen. Und tatsächlich: Maintz lässt sein Pferd wortwörtlich abheben, mit einer Bestzeit von 34,59 Sekunden schaffen es die beiden fehlerfrei ins Ziel.

Mutig zum Sieg

Dann ist die letzte Starterin im Stechen dran: Marie Ligges vom RFV v. Nagel Herbern e.V. auf Corcovado L. In der Halle ist es mucksmäuschenstill, die Spannung förmlich greifbar. Mit jedem Sprung, denn Ligges fehlerfrei hinter sich lassen kann, werden einzelne Stimmen aus dem Publikum hörbar, die Reiterin und Pferd anfeuern, bis die ganze Halle tobt: Unter Johlen und Begeisterungsrufen stürmt Ligges auf den letzten Sprung zu, nimmt das Tempo im letzten Moment etwas zurück, trifft das Hindernis passend – alle Stangen bleiben liegen. Dann der Blick zur Anzeigetafel: 34,39 Sekunden. Mit gerade einmal zwei Zehntel Sekunden ist Marie Ligges Siegerin im Großen Preis von Münster!

Emotionale Siegerehrung

Bei der anschließenden Siegerehrung kann die junge Reiterin ihr Glück offenbar noch gar nicht richtig fassen: „Ich bin unglaublich stolz und dankbar! Normalerweise sind wir gar nicht so schnell, ich wollte die Runde einfach nur gut schaffen. Dieses Pferd, ich liebe ihn einfach über alles!“ Auch Ligges‘ Vater, Züchter von Siegerpferd  Corcovado L, ist sichtlich bewegt: „Schon Maries Opa ist um den Großen Preis von Münster geritten. Ihn einmal zu gewinnen, war immer ein Traum in unserer Familie. Dass wir das jetzt mit Marie verwirklichen konnten, ist einfach unglaublich, mir fehlen die Worte“. Dieser Sonntag in Münster wird aber nicht nur für die Familie Ligges, sondern auch für Wallach Corcovado L bedeutend bleiben: Als besondere Anerkennung wurde ihm der Namenszusatz NRW verliehen, eine Auszeichnung, die nur wenige, besonders talentierte Pferde westfälischer Zucht erhalten.

Quelle Text + Bild: Viola Grötz