Münster aktiv widmet jeder großen Sportveranstaltung in Münster einen eigenen Beitrag. John Degenkolb vom Team Trek Segafredo startet am 03. Oktober – in wenigen Tagen – beim Sparkassen Münsterland Giro in Emsdetten. Zusammen mit vielen anderen Größen des Radsports wie Nils Politt, André Greipel, Pascal Ackermann, Kasper Asgreen, Jos van Emden, Max Walscheid, Dylan Groenewegen …..

MSA: Wie oft träumst Du nachts noch von Deinem Etappensieg Paris-Roubaix bei der Tour de France 2018?

Ganz ehrlich und auch wenn es Euch vielleicht überraschen wird: Gar nicht. Klar, wenn ich die Bilder mal irgendwo sehe oder durch Interviews wie dieses direkt an diesen Tag erinnert werde, dann bin ich natürlich immer noch emotional und auch etwas stolz darauf, was ich da erreicht habe. Aber ansonsten schaue ich nach vorne – immer auf zu neuen Taten!

Foto: Rene Oehlgen – John Degenkolb

MSA: Auf einer Schulnotenskala 1 bis 6 – wie weh tut es noch, in diesem Jahr nicht bei der Tour de France am Start gewesen zu sein?

Die Tour ist jedes Jahr ein Mega-Ereignis und natürlich wäre ich gerne dabei gewesen. Aber ich habe es ja schon oft betont: Ich war und bin absolut im Reinen mit der Team-Entscheidung, alles auf die Karte Gesamtklassement gesetzt zu haben. Und die Tour mal aus der Fanperspektive betrachten zu können und im Sommer mehr Zeit für die Familie zu haben, war auch nicht so schlecht (lacht).

MSA: Wie sehr siehst Du Deinen Körper als Maschine?

Ich weiß, dass ich ohne meinen Körper, ohne Fitness, meinen Job nicht oder zumindest nicht so gut ausüben könnte. Dementsprechend kümmere ich mich um ihn, achte darauf wie ich trainiere, wie ich mich ernähre und vor allem auch: gebe ihm regelmäßig die Erholung, die er braucht. Aber auch wenn der Maschinenvergleich da schon etwa stimmt – ohne regelmäßige Wartung geht ja auch der stärkste Motor irgendwann kaputt: selbst sehe ich mich aber nicht als Maschine (lacht).

MSA: Wolltest Du wie Marcel Kittel schon einmal die Brocken hinwerfen?

„Die Brocken hinwerfen“ finde ich ehrlich gesagt zu wenig respektvoll. Marcel hat eine lange und aussergewöhnliche Karriere hingelegt und dabei auch einiges für das Ansehen des deutschen Radsports getan. Wenn so jemand nach so langer Zeit sagt, dass für ihn jetzt andere Ziele ausserhalb des Sports wichtiger sind, sollte man das anerkennen – auch wenn man es wie ich Schade findet. Um auf die Frage zurückzukommen: ich habe noch immer 100prozentig Spaß bei dem was ich tue, bin voll motiviert und noch keine Gedanken ans Aufhören. Wie gesagt: auf zu neuen Taten!

MSA: Was machst Du, wenn Dir Dein Hinterteil weh tut?

Wenn es geht eine Pause einlegen. Wenn es nicht geht, die Backen zusammenkneifen und weiter geht’s. (lacht)

MSA: Wer schreibt für Dich bei Instagram, Twitter & Co.?

Das mache ich nach wie vor selbst. Nur bei den Bildern zu den Rennen helfen mir Freunde, die das deutlich schneller können, als ich.

MSA: Wie wichtig sind die Social-Media-Kanäle für Dich? Bist Du nicht manchmal davon genervt?

Ich finde es super, dass ich über Social Media auf kurzem Weg mit meinen Fans kommunizieren kann, egal wo auf der Welt sie sind. Und ich freue mich echt riesig über den Zuspruch, den ich bekomme – auch wenn es gerade mal nicht so läuft. Genervt bin ich da eigentlich nie.

MSA: Bei allem Respekt – Radsport ist eine große Show – bist Du manchmal auf der Suche nach mehr Sinnhaftigkeit?

Naja – eine Show, ein Spektakel ist es für die Zuschauer an der Strecke und am TV – für uns im Peloton ist es harte Arbeit, auch wenn es nicht immer so aussieht und wir manchmal was rein aus Spaß machen. Insofern stellt sich da die Sinnfrage nicht. Wenn die Frage so gemeint war, ob es noch etwas anderes Sinnhaftes neben dem Sport gibt: Klar gibt es das. Vor allem meine Familie, die Kinder, meine Freunde …

MSA: Wechseln Sponsoren, werden oft die Teams auseinandergerissen. Fühlst Du Dich manchmal dabei wie ein Stück Ware?

Das ist Teil des Geschäfts und als Profi lernt man nach und nach damit umzugehen.

MSA: In der nächsten Saison fährst Du für den Rennstall Lotto Soudal. Degenkolb / Lotto Soudal – warum ist das ein guter Mix für Dich?

Ganz einfach: die Ausrichtung des Teams entspricht zu 100-Prozent meinen Fähigkeiten und Preferenzen. Deshalb hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl, als die Anfrage kam. Ich freue mich schon auf das erste gemeinsame Training mit den Jungs.

MSA: Wie lange siehst Du Dich noch als aktiver Profi im Radsport?

Ehrlich – kann ich jetzt nicht sagen. Solange ich topp motiviert und leistungsfähig bin, sehe ich jedenfalls keinen Grund, über ein Karrierenede nachzudenken!

MSA: Wer entscheidet, wo Du wann fährst? Für alle Laien unter uns gefragt: Warum bist Du bei der Vuelta und nicht bei der Deutschland Tour am Start?

Das sind letztendlich immer gemeinsame Entscheidungen, in die viele Dinge einfließen. Ziele des Teams genauso, wie meine eigenen Ziele. Die Deutschland Tour wäre ich natürlich gerne gefahren, aber letzten Endes muss man auch die weitere Saison im Blick haben. Insbesondere im Hinblick auf die WM war es auch mir wichtig, noch mal eine komplette Grand Tour über 3 Wochen in den Beinen zu haben.

MSA: 2016 hast Du den Sparkassen Münsterland Giro gewonnen. Was magst Du ganz besonders am Giro?

Der Giro ist eben auch ein Heimspiel. Ich finde die Stimmung klasse, die vielen Fans, das Feld ist gut besetzt und die Strecke liegt mir (lacht).