Es ist Sommer. Es ist Urlaubszeit. Machen USC-Cheftrainer Teun Buijs und Ralph Bergmann, Sportlicher Leiter des Vereins, auch Ferien? Schalten beide richtig ab? Oder sind sie mit ihren Gedanken doch die ganze Zeit beim Volleyball und planen die kommende Saison? Ein Doppelinterview:

Frage: Hallo Teun, hallo Ralph. Sind Sie im Urlaubsmodus? Oder dreht sich bei Ihnen auch jetzt alles um Volleyball?

Teun Buijs: „Bei mir dreht sich auch in den Ferien viel um Volleyball. Meine ganze Familie ist mit diesem Sport verbunden. Meine Tochter spielt in der niederländischen Nationalmannschaft und im Winter ist sie die meiste Zeit weit weg von zu Hause in einem anderen Land. In Zeiten von Corona stellt sich nun die Frage, was aus diesen beiden Wettbewerben für sie wird. Mein Sohn ist ebenfalls Trainer und arbeitet in der niederländischen Liga mit einer der Spitzenmannschaften. Ich versuche, ihn mit meiner Erfahrung ein wenig zu unterstützen. Aktuell sind wir am Chiemsee in Süddeutschland und haben sehr gutes Wetter. Da kommt man auch schon mal auf andere Gedanken. Aber die Planung der Vorbereitung mit Krafttraining, Testspielen, Ernährungsberatung, sportpsychologischen Aspekten etc. beschäftigt mich natürlich auch in den Ferien.“

USC-Cheftrainer Teun Buijs

Foto: USC Muenster – USC-Cheftrainer Teun Buijs

Ralph Bergmann: „Ich habe den Urlaub noch vor mir und werde mit meiner Familie wieder nach Juist fahren, bei hoffentlich besserem Wetter als im vergangenen Jahr. So oder so kann ich immer ganz gut auf der Insel abschalten, obwohl mich dieses Jahr auch der Volleyballsport gedanklich begleiten wird. Bekanntlich ist es in Corona-Zeiten nicht ganz einfach, zu reisen und während meines Urlaubs sollten unsere ausländischen Spielerinnen nach Münster kommen. Ich hoffe, dass dies auch so wie geplant funktioniert.“

Der Kader für die kommende Saison steht nun. Mit Lina Alsmeier und Ivana Vanjak haben zwei Leistungsträgerinnen den Verein verlassen. Die hochtalentierte Luisa Keller ist auch nicht mehr dabei. Neu im Team sind  Nele Barber, Anika Brinkmann, Helo Lacerda und Adeja Lambert. Wo sehen Sie den USC leistungsmäßig im Vergleich zur Vorsaison?

Ralph Bergmann: „Meine Einschätzung ist natürlich eine Wette in die Zukunft, da ich einige Spielerinnen nie live habe spielen sehen, aber ich habe ein gutes Gefühl. Das Team ist älter geworden aber auch ausgeglichener und hat dadurch viel mehr Optionen, den Gegner vor schwierige Aufgaben zu stellen. Was das im Vergleich zum Rest der Teams in der Bundesliga bedeutet, müssen die Vorbereitung und dann der Ligaauftakt zeigen, da viele Mannschaften mit einigen Veränderungen umgehen müssen.“

Teun Buijs: „Wir haben in den letzten drei Spielzeiten eine komplett neue Mannschaft mit vielen jungen Spielerinnen aufgebaut. Auf dem Weg dorthin haben wir einige Mädels verloren, die zu großen Vereinen wechselten. Aber wir haben immer wieder neue Spielerinnen gefunden, um die Mannschaft wieder stark zu machen. Auch in der kommenden Saison werden wir eine gute und interessante Gruppe haben. Wir haben bis auf unsere Libera Linda Bock unseren kompletten Annahmeriegel verloren und haben dann versucht, das Team mit einer Mischung aus Erfahrung, Talent und Kraft wieder komplett zu machen. Mit Anika Brinkmann haben wir eine erfahrene Spielerin, die auch sehr viel Power hat. Helo ist eine starke Diagonalangreiferin, die einen guten Block und eine gute Abwehrarbeit hat. Mit ihren brasilianischen Emotionen soll sie die Mannschaft auf ein höheres Niveau führen. Adeja und Nele sind zwei jüngere Spielerinnen, die viel Energie in die Spiele bringen werden. Und dann haben wir natürlich noch Liza Kastrup. Insgesamt hat das Trainerteam also viele taktische Möglichkeiten im Spiel.“

Viele Teams haben ihren Kader gut durchgemischt. Steht die alte Hackordnung in der Liga noch? Gibt es nach wie vor mit Stuttgart, Schwerin und Dresden die Top 3 und dann vier bis fünf weitere Teams, darunter auch der USC, die um die zweite verbleibende Bronzemedaille kämpfen?

Teun Buijs: „In den  letzten zwei Jahren haben Potsdam und Aachen gezeigt, dass die Top 3 nicht unbesiegbar sind. Wir hatten zuletzt selbst eine sehr starke zweite Saisonhälfte, in der wir Stuttgart, Dresden, Aachen und Vilsbiburg geschlagen haben. Mit der erfahreneren Gruppe, die wir jetzt haben, können wir mit allen mithalten. Taylor Nelson und Sarah van Aalen sind jetzt im zweiten Jahr bei uns. Meiner Meinung nach ist das ein großer Vorteil. Zusammen mit den drei Mittelblockerinnen, die ja auch alle bei uns geblieben sind, haben wir einen qualitativ hochwertigen Schnellangriff. Alle haben gute Fähigkeiten im Aufschlag und in anderen Bereichen des Spiels. Der Schlüssel für uns ist es, den Annahmeriegel sehr schnell auf das Niveau zu bringen, das wir brauchen. Gleichzeitig haben wir in der ersten Saisonhälfte schnell viele Spiele. Was die anderen Teams angeht: Das werden wir sehen.“

Ralph Bergmann: „Jede Saison werden die Karten neu gemischt! Sicherlich ist der Anspruch von den drei genannten Teams, oben mitzuspielen, aber alle anderen Teams möchten auch ihr Maximum erreichen, für was es dann bei uns reicht, werden wir sehen. Wichtig für uns wird es erstmal sein, dass wir uns als Team gut finden. Wenn das gut funktioniert und wir von Verletzungen verschont bleiben, dann kann ich mir gut vorstellen, dass wir eine bessere Saison als letztes Jahr spielen.“

Welche Rolle könnten Geisterspiele auf die Ergebnisse haben. Vor allem in der Hinrunde sind Spiele ohne Publikum ja durchaus denkbar.

Ralph Bergmann: „Schön wäre es natürlich, mittelfristig wieder vor Publikum spielen zu können! Der Sport lebt von Emotionen und vom Austausch der Sportlerinnen mit dem Publikum. Trotz alledem haben sich die Zeiten geändert und unsere Gesellschaft hat lernen müssen, mit dem neuen Umgang miteinander zu leben. Gesundheit geht da ohne Zweifel vor. Rein sportlich gesehen wird wichtig sein, wie wir als Team oder sogar als Verein mit der besonderen Situation umgehen werden. Eine gute mentale Einstellung dazu wird wichtig sein, aber da sind wir mit unseren Coaches Anne Orthmann und Dr. Sebastian Brückner gut aufgestellt.“

Teun Buijs: „Darüber will ich eigentlich gar nicht nachdenken. Für mich klingt es schrecklich, ohne Publikum zu spielen! Sport bedeutet Emotionen, ohne unsere Fans fühlt es sich nicht so an, wie ein richtiges Spiel.“

Ist es bei den drohenden Publikumsbeschränkungen vielleicht ein Vorteil, früh in Schwerin und in Dresden spielen zu müssen?

Teun Buijs: „Wir werden sehen, wie jedes Team mit der Situation zurechtkommt. Die Spielerinnen müssen mentale Stärke beweisen, um mit einer solchen Situation gut umgehen zu können. Vielleicht kann es also ein Vorteil für die Auswärtsmannschaft sein, wenn ohne Fans in fremden Hallen gespielt wird.“

Ralph Bergmann: „Natürlich sind das zwei Teams, die auch von ihren Emotionen über ihr Publikum profitieren, aber es sind eben auch Profis, die sich anpassen können und müssen.  Beide Teams haben einige neue Spielerinnen, die sie in ihr System einbauen müssen, daher kann es sein, dass es ein Vorteil sein wird, wenn wir zu Beginn der Saison gegen sie spielen werden. Aber als erstes müssen wir unsere Hausaufgaben machen und auf uns und eine gute Vorbereitung achten.“

Das erste richtige Highlight wird das Pokal-Achtelfinale gegen Vilsbiburg Anfang November. Geht es da vielleicht schon um mehr, als um den Einzug ins Viertelfinale? Geht es da vielleicht schon um die emotionale Weichenstellung für die ganze Saison?

Ralph Bergmann: „Jedes Team braucht gemeinsame Erlebnisse, um zusammen zu wachsen und sich auf ein anderes Level zu heben, sowohl sportlich als auch emotional. Von daher ist ein Wettbewerb, bei dem es von vornherein nur um das Gewinnen und die nächste Runde geht. Eine gute Möglichkeit, als Team zu wachsen. Aber auch, wenn das nicht gelingen sollte, ist das kein Beinbruch, denn ich bin der festen Überzeugung, dass man aus Fehlern mehr lernt als aus Erfolgen. Die Gretchen-Frage ist halt immer wieder: Ziehe ich die richtigen Schlüsse aus Niederlagen?“

Teun Buijs: „Jede Spielerin in der Bundesliga weiß, was es bedeutet, im Pokalwettbewerb zu spielen. Es ist ein großes Ereignis und ein relativ kurzer Weg bis zu einem möglichen Titelgewinn. Dresden hat der Triumph im vergangenen Jahr die ganze Saison gerettet. Es wird also für jede Mannschaft ein wichtiger Wettbewerb sein. Unsere Auslosung mit ausschließlich Heimspielen sieht gut aus. Aber wir müssen hart arbeiten, um die Roten Raben zu besiegen.“

Teun Buijs als Cheftrainer und mit viel Erfahrung rund um den USC. Dazu jetzt Ralph Bergmann mit viel Erfahrung als Trainer, aber neu beim USC und nun in der Funktion als Sportlicher Leiter. Wie beurteilen Sie Ihre Zusammenarbeit nach den ersten zwei Monaten?

Teun Buijs: „Es war ein gemeinsamer Wunsch von Axel Büring und mir, einen Sportlichen Leiter in Vollzeit zu haben. Ich bin sehr froh, dass der Verein das gemeinsam mit unserem Sponsor LVM möglich gemacht hat. Ralph und ich, wir sind beide Profis und arbeiten für dieselben Ziele. Seit Mai hatten wir bereits viele Treffen. Wir haben das Team und alles um das Team herum vorbereitet. Wegen Corona mussten wir viel davon über Zoom-Sitzungen erledigen. Aber ich glaube, wir haben bereits gute Arbeit für das Team geleistet, sodass wir einen guten Start hinlegen können.“

Ralph Bergmann: „Gut! Obwohl man ehrlich sein muss, dass die bisherige Zusammenarbeit sehr durch die Corona-Zeit geprägt war und somit alles anders war, als ein normaler Sommer eines Bundesligisten. Mit Beginn der Vorbereitung, den Trainingsspielen und dem Saisonstart kann man sicherlich mehr dazu sagen. Ich bin gespannt und freue mich!“

Wo sehen Sie den USC in der Tabelle nach Abschluss der kommenden Saison? Und wo vielleicht in zwei oder drei Jahren?

Ralph Bergmann: „Puh, meine Kristallkugel funktioniert gerade nicht wirklich gut! Ernsthaft… es ist wirklich schwierig, dazu eine Aussage zu treffen, da sportlicher Erfolg natürlich auch immer von den Umständen und den Gegnern abhängt – also von Einflüssen, die man nur eingeschränkt beeinflussen kann. Woran wir arbeiten werden, ist sicherlich, unsere Grenzen zu verschieben und weiter den Standort Münster zu festigen. Beim Thema Nachwuchsarbeit werden wir zukünftig besser aufgestellt sein als in der Vergangenheit, da wir seit dem 1. Juli mit Patrick Fielker einen hauptverantwortlichen Nachwuchstrainer bei uns haben. Mit dem Bundesstützpunkt wissen wir einen Partner an unserer Seite, der gemeinsam mit dem Westdeutschen Volleyball Verband sehr gute Arbeit leistet. Ich bin schon der Meinung, dass uns diese Umstände auf längere Sicht helfen werden, erfolgreicher zu sein, aber Profisport hängt von sehr vielen Dingen ab. Man muss sich nichts vormachen, wirtschaftliche Stabilität ist ebenfalls ein wichtiger Baustein.“

Teun Buijs: „Wir wollen den Club aus der Corona-Zeit in eine gesunde und finanziell gute Lage bringen. Die Verbindung zu Sponsoren, Medien, VCO und unserem Fans soll weiter wachsen. Sportlich wollen wir an die Spitze Deutschlands vorstoßen und um Titel spielen.“

Autor: USC Münster