Übervolle Parkplätze, zerbrochene Plastikbecher, achtlos weggeworfene Zigaretten und jede Menge anderer Müll: Sportveranstaltungen sind aus Sicht von Umweltschutz und Nachhaltigkeit oft echte Ressourcenräuber.

Im Interview spricht Bundesumweltministerien Svenja Schulze über Möglichkeiten, Sportveranstaltungen nachhaltiger werden zu lassen. Die Münsteranerin erklärt, wie sie mit ihrer Arbeit im Ministerium konkret zum Umdenken anregen will und verrät, welcher Bundesligaverein die Tabelle anführt – die Nachhaltigkeitstabelle.

Bei großen Sportveranstaltungen fällt oft viel Müll an, gerade bei der An- und Abreise der Athleten und Zuschauer. Gibt es Denkanstöße für neue Lösungen, die helfen, diesen Müll zu vermeiden?

Svenja Schulze: Bundesligaspiele im Fußball oder Handball, aber auch Wettkämpfe in anderen Sportarten ziehen tausende Zuschauerinnen und Zuschauer an. Damit der Verpackungsmüll nicht zum Problem wird, setzen viele Ausrichter auf Mehrwegverpackungen mit Pfand für Getränke oder Essen vor Ort. Das braucht weniger Einwegverpackungen, also auch wichtige Rohstoffe, und spart Gastronomen Geld und Lagerfläche. Das größere Umweltproblem sind allerdings die CO2-Emissionen der an- und abreisenden Fans. Auch hier können Veranstalter, Kommunen und Verkehrsverbünde etwas tun: Carsharing, Mitfahrzentralen und gut ausgestattete Fuß- und Radwege machen es Besucherinnen und Besuchern leichter, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Auf www.green-champions.de finden Veranstalter Checklisten, viele Tipps und konkrete Beispiele, wie sie umweltverträgliche Events auf die Beine stellen können. Empfehlungen für nachhaltige Sportgroßveranstaltungen hat auch der beim Bundesumweltministerium angesiedelte Beirat „Umwelt und Sport“ mit seinem Positionspapier „Nachhaltiger Sport 2030“ erarbeitet.

Sie sind selbst Münsteranerin. Haben Sie den Eindruck, dass die Veranstalter in Münster und im Münsterland schon genügend auf Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit achten? Oder sehen Sie noch Nachholbedarf?

Svenja Schulze: Es ist gar nicht so einfach, ein Event wirklich nachhaltig zu organisieren. Und die Corona-Pandemie erschwert die Situation zusätzlich. Dennoch nehmen viele Veranstalter in Münster das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst und sorgen zum Beispiel für umweltfreundliche An- und Abreisen. Darüber hinaus gibt es in Münster viele Initiativen, die sich für mehr Nachhaltigkeit im Sport stark machen. Etwa der Verein Vamos, der sich schon seit Jahren für nachhaltige Sportkleidung engagiert. Auch scheint bei vielen Sportvereinen in Münster die nachgewiesen umweltfreundliche Herstellung von Produkten eine große Rolle zu spielen.

Sie haben bereits den Vamos e.V. genannt. Wenn ich aber zum Beispiel an das Thema Fußbälle, Handbälle und so weiter denke: Wie könnte man es schaffen, dass Vereine wie der SC Preußen Münster mit anderen Bällen spielen? Viele Vereine setzen ja noch immer auf Sponsorenverträge mit den großen Playern wie Puma und Adidas.

Svenja Schulze: Viele Sportvereine sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und wollen ihr Material nachhaltiger beschaffen. Doch viele wissen nicht, worauf sie achten müssen oder wo sie geeignete Händler finden. Antworten für viele praktische Fragen gibt zum Beispiel die Website www.sporthandeltfair.com. Sportvereine und -verbände oder Kommunen erhalten hier schnelle Orientierung und können sich zu nachhaltigem Sportmaterial beraten lassen.

Man kann also keine Gesetze schaffen, die Vorgaben zum Thema Nachhaltigkeit im Einkauf machen? Die ganz Großen im Geschäft, Bayern München zum Beispiel, investieren so immense Summen in ihre Spieler. Es müsste doch ein Leichtes sein, komplett auf fair produzierte Bälle zu setzen?

Svenja Schulze: Solche Vorgaben sind nur dann sinnvoll, wenn sie im gesamten EU-Binnenmarkt gelten. Solange wir die nicht haben, setze ich bei Vereinen und Verbänden auf Aufklärung. Immerhin ist vielen Menschen Klima- und Umweltschutz sehr wichtig. Auch die mehr als 24 Millionen Mitglieder in Sportvereinen denken um. Zugleich werden sich die Vereine ihrer Vorbildfunktion bewusst und binden ihre Mitglieder aktiv in Überlegungen für mehr Nachhaltigkeit ein.

Ein wichtiger Aspekt zum Thema Nachhaltigkeit im Sport ist sicherlich auch das Thema Strom- und Energieverbrauch in großen Stadien. Kennen Sie Vereine, die hier mit gutem Beispiel vorangehen?

Svenja Schulze: Ja, es gibt sogar ein offizielles Ranking der Bundesligavereine hierzu, das man auf www.sportpositiveleagues.com findet. Momentan ist der VfL Wolfsburg deutscher „Nachhaltigkeitsmeister“. Auch bei Stadionbetreibern wird Ökostrom immer öfter die Regel. Viele Sportveranstalter führen auch das Umweltmanagementsystem EMAS ein und lassen sich zertifizieren. Darüber hinaus schaffen Gastronomen in Stadien die Plastikbecher ab und setzen auf Mehrweg. Idealerweise befindet sich auch die Spüllogistik direkt vor Ort. Ich würde mir wünschen, dass wir noch mehr über diese konkreten Positivbeispiele sprechen. Denn so wird das Thema Nachhaltigkeit im Sport greifbar und praktisch. Und die Vorbilder zeigen anderen Sportvereinen und Veranstaltern, dass umweltverträgliche Events eine durchaus leistbare Aufgabe sind.

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