Zur Rennfietsen-Tour Münsterland vom 9. bis 12. Mai fahren mehr als 40 Sportlerinnen und Sportler auf dem Rennrad durch die Region: An vier Tagen legen sie 600 Kilometer zurück, um Spenden für Kinder in Not zu sammeln. Vor dem Start erzählen zwei, warum sie sich für die Benefizfahrt engagieren.
„Ich kann etwas zurückgeben, auch als kleines Dankeschön für meine tolle Kindheit“
Bei ihm ist die Rennfietsen-Tour inzwischen Tradition: Achim Stockel aus Greven setzt sich nicht nur selbst aufs Fahrrad. Unterstützt von Familie und Freunden organisiert er 2024 den Aufenthalt des Teams am Etappenort Rheine. Im Gespräch erzählt der 51-Jährige unter anderem, wie er seine Spenderinnen und Spender während der Tour zu Hause mitfiebern lässt.
Herr Stockel, Sie gehören zu den Stammfahrern der Rennfietsen-Tour. Was treibt Sie an?
Das Radfahren ist meine Leidenschaft. Ich bin eigentlich Fußballer und habe lange höherklassig gespielt, wegen einer Knieverletzung war damit irgendwann Schluss. Nach und nach kam ich zum Radfahren, um etwas für die Muskulatur zu tun. Bei der Rennfietsen-Tour kann ich den Sport optimal mit sozialem Engagement verbinden. Ich kann etwas zurückgeben, auch als kleines Dankeschön für meine tolle Kindheit.
Erinnern Sie sich an Ihre Rennfietsen-Premiere?
Eines Tages hatte ich mich einfach angemeldet – ohne zu wissen, worauf ich mich einlasse. Bei meiner ersten Rennfietsen-Tour war die größte Herausforderung, vier Tage am Stück so viele Kilometer zu reißen. Mit der Zeit stellte sich eine Routine ein und es klappte auch, weil das Fahren in der Gruppe stets für eine gewisse Dynamik sorgt. Zudem hatte ich zunächst keine Ahnung, ob es gelingen würde, genügend Spendengelder zu sammeln. Am Anfang hieß es: Klinken putzen und die Hintergründe der Rennfietsen-Tour erklären. Daraus hat sich ein Selbstgänger entwickelt. Freunde, Bekannte und Kollegen fragen teilweise selbst nach: „Wann geht’s wieder los?“ Entscheidend ist, die Kontakte zu pflegen.
Wie machen Sie das?
Nicht nur im Vorfeld spreche ich mit den Leuten, die für die Rennfietsen-Tour spenden. Mit Infos darüber, was zwischendurch passiert ist, halte ich die rund 25 Spenderinnen und Spender per E-Mail auch während und nach der Tour auf dem Laufenden. Es ist ein Geben und Nehmen, eine Wertschätzung gegenüber allen, die mich und uns unterstützen.
Worüber berichten Sie zum Beispiel?
Oft erwähne ich Kleinigkeiten: ob wir einen Platten hatten, wir etwas Besonderes oder Lustiges gesehen haben und wie das Wetter war. Auch darüber, wo das erfahrene Geld eingesetzt wird, informiere ich. Denn bei der Tour fahren Vertreter der beiden Stiftungen mit, die 100 Prozent der Spenden erhalten. Auf dem Rad hat man viel Zeit zum Reden und so erhalten wir detailliertere Informationen zum Einsatz der Spendengelder. Das motiviert umso mehr. Der Spannungsbogen zieht sich bis zur Bekanntgabe der Spendensumme. Die danach folgende Danksagung ist zugleich eine Einstimmung aufs nächste Jahr.
Spenden die Menschen gerne für die Rennfietsen-Tour?
Ja, zumal es sich nicht um eine anonyme Spende handelt. Dahinter steht eine Person, in diesem Falle ich, die ihnen zeigt, dass sie eine gute Variante für ihre Spende wählen.
Auch hinter den Kulissen der Rennfietsen-Tour engagieren Sie sich, diesmal als Organisator des Etappenorts Rheine.
Ich wohne in Greven und bin gebürtiger Rheinenser, nach wie vor bestehen sehr gute Verbindungen in meine Heimatstadt. Ein enger Freund von mir ist Hausmeister des Berufskollegs in Rheine, und als es darum ging, die Dreifachsporthalle für die Übernachtung zu reservieren, reichte ein Anruf. 2023, am Etappenort Greven, steuerten Frauen aus unserem Freundeskreis und der Nachbarschaft einige Salate zum Abendessen bei und zwei Kumpels organisierten die Sitzgarnituren. Große Unterstützung erfahre ich von meiner Frau Dani und meinen Kindern Lina und Jana. Ich freue mich sehr über jede Hilfe und nehme sie gerne in Anspruch. Wenn man die Organisation auf mehrere Schultern verteilt, geht alles leichter.
Mehr als 40 Fahrerinnen und Fahrer nehmen an der Rennfietsen-Tour teil. Was zeichnet die gemeinsam verbrachte Zeit aus?
Mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Stammfahrer. Interessant ist: Wir sehen uns nur einmal im Jahr und sind dann für vier Tage rund um die Uhr zusammen. Das Miteinander ist total angenehm. Was dazuzählt und viele zunächst nicht bedenken: Wir sind sehr einfach untergebracht, es gibt keinen Komfort. Bis zu 60 Leute übernachten zum Teil in einer Einfachsporthalle, mit wenigen Toiletten und Duschräumen. Drei Nächte auf einer Luftmatratze zu schlafen, kann anspruchsvoll sein.
Welcher Gedanke steht am Ende einer jeden Tour?
Uns ist wichtig, ein Bewusstsein für Kinder in Not zu schaffen, selbst Gutes zu tun und andere zum Mitmachen zu animieren. Und nicht zuletzt ist es ein sehr schönes Gefühl, Gelder für diese Kinder generiert zu haben. Das Ziel der Geschichte steht immer im Mittelpunkt der Rennfietsen-Tour.
„In diesen vier Tagen habe ich neue Freunde kennengelernt“
Als Neuling ging Hubertus Gärtner aus Albersloh im vergangenen Jahr bei der Rennfietsen-Tour an den Start. Im Gespräch erzählt der 69-Jährige, inwiefern ihn die Zeit unter Gleichgesinnten geprägt hat – und warum er jetzt dafür brennt, auch andere für diesen guten Zweck zu begeistern.
Herr Gärtner, 2023 nahmen Sie erstmals an der Rennfietsen-Tour teil. Was hat Sie dazu animiert?
Seit vielen Jahren fahre ich Rennrad und wollte schon länger den Sport mit einem sozialen Gedanken verknüpfen. Nur das geeignete Feld hatte ich noch nicht gefunden. Aus unserem Verein, dem DJK Grün-Weiß Albersloh 1954 e.V., war jemand bei der Rennfietsen-Tour mitgefahren, auch in der Presse habe ich davon gelesen und mich weiter informiert. Im vergangenen Jahr habe ich mich dann tatsächlich angemeldet.
Was hat Sie vor dem Losfahren beschäftigt?
Morgens brachte meine Frau mich zum Flughafen, und ich fragte mich, was wohl auf mich zukommen würde. Schließlich habe ich unter Radfahrern auch schon Konkurrenzdenken, Raserei und Unvernunft erlebt. Ich wusste nur, dass der Grundgedanke der Rennfietsen-Tour gut zu mir passt. Vor Ort kannte ich keinen einzigen Menschen, es fühlte sich wie ein Abenteuer an.
Wie erinnern Sie sich an Ihre ersten Eindrücke?
Ich war völlig geflasht, wie diszipliniert, solidarisch und aufmerksam die Teilnehmer von der ersten Minute an miteinander umgegangen sind. Alle wurden herzlich empfangen und eingewiesen von den alten Hasen, die bereits öfter mitgefahren sind. Sofort habe ich ein bisschen Wärmestrom gespürt und war sicher, dass ich die Teilnahme bestimmt nicht bereuen würde.
Von Donnerstag bis Sonntag waren Sie gemeinsam unterwegs. Wie haben Sie das Fahren erlebt?
Die Teilnahme erfordert Fahrtechnik und Kondition. Jeder kann mal stürzen oder ein Tief haben, muss konzentriert am Hinterrad bleiben. In der Gruppe fährt niemand fröhlich pfeifend durch die Gegend. Einige könnten sicher deutlich schneller sein, andere müssen sich quälen, um durchzuhalten. Die Rennfietsen-Tour wird in jeder Hinsicht vorbildlich organisiert. Vor dem beispiellosen Einsatz der Guides zum Beispiel ziehe ich den Hut.
Wie haben Sie als Team funktioniert?
Das gute Gefühl des Miteinanders ist von Tag zu Tag intensiver geworden, ja, der Gemeinschaftsgeist hat mich unheimlich angerührt. An vier Tagen hintereinander für jeweils 150 Kilometer auf dem Rennrad zu sitzen – bei Wind und Wetter und mit all den Unwägbarkeiten –, ist ja keine Kleinigkeit. Was die Rennfietsen-Tour zudem auszeichnet: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus ganz unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Ein Rechtsanwalt war dabei, Unternehmer, Angestellte, Rentner – und außerdem ganz junge Leute, die sogar meine Enkel hätten sein können. Wir alle haben uns auf Anhieb sehr gut miteinander verstanden.
Übernachtet haben Sie in Mehrzweckhallen.
Das gehört dazu. Und es klappt, zumal man entsprechend müde ist. Die Verpflegung ist gut und reichlich, aber einfach. Eine Schwarzwälder Kirschtorte sollte man dort nicht erwarten. Wir Radfahrer bekommen, was wir brauchen: Kohlenhydrate und Getränke. Ich habe niemanden gesehen, der aus der Reihe tanzte und zum Essen ein nobles Restaurant aufsuchte. Das abendliche Beisammensein unterstreicht den Gemeinschaftssinn.
Ihr Ziel war der Prinzipalmarkt in Münster.
Ja, nach der letzten Etappe erlebten wir ein sehr schönes Finale: Im Jahr des Friedensjubiläums von Bürgermeisterin Maria Winkel im Friedensaal empfangen zu werden, war ein erhebendes Gefühl.
Was hat die Teilnahme an der Tour bei Ihnen ausgelöst?
In diesen vier Tagen habe ich neue Freunde kennengelernt und bin spontan Mitglied im Verein „Roter Keil“ in Senden geworden. Der Charity-Gedanke lässt mich mit großer Überzeugung für die Tour werben. Was gibt es Schöneres als Kindern in Not zu helfen? Jeder kann dazu einen kleinen Beitrag leisten, zum Beispiel in Form einer Spende. Wichtig ist auch: Die Rennfietsen-Tour muss weiterleben, und dafür brauchen wir ständig neue Fahrerinnen und Fahrer. In unserem Verein versuche ich, den einen oder anderen neuen Teilnehmer zu gewinnen. Das ist bereits gelungen: Am 9. Mai treten wir nun zu viert an. Die Vorfreude ist riesig.
Weitere Informationen zur Rennfietsen-Tour
Weitere Informationen zur Rennfietsen-Tour
Die Rennfietsen-Tour Münsterland wird von den Radsportlern des Team AGAPEDIA Münsterland und des Roten Keil Senden in Kooperation mit dem Münsterland e.V. veranstaltet. Als Hauptsponsor unterstützt die Westenergie AG die Tour.
Alles Wissenswerte zur Rennfietsen-Tour Münsterland 2024 gibt es auf www.rennfietsentour.de. Dort erfahren Interessierte unter anderem, wie sie selbst für die Rennfietsen-Tour spenden können und wohin die Spendengelder fließen.
Quelle Text + Bild: Münsterland e.V.