Wenn die Juniorengala in Mannheim ruft, dann werden in der Spitze immer auch Tickets für internationale Meisterschaften vergeben. Für Silas Zahlten sah die Dramaturgie über die Hindernisse einen Dreikampf um zwei Startplätze bei der U20-WM in Cali (Kolumbien) vor. Zugleich suchte Viertelmeiler Bastian Sundermann seine Chance auf einen Platz in der 4×400 Meter-National-Staffel.
Silas Zahlten läuft eine Bilderbuch-Saison. Sowohl über die 3000 Meter Hindernis als auch über die 1500 Meter ist er in neue Dimensionen vorgerückt. Scheinbar selbstverständlich mischt Silas, der zum jüngeren der beiden U20-Jahrgänge zählt, auf beiden Strecken in der nationalen Spitze mit. Im Wissen um die Klasse seines Athleten hatte Trainer Jörg Riethues für Mannheim denn auch eine selbstbewusste Taktik ausgegeben: ein Rennen im eigenen Rhythmus, mit möglichst sparsamen Blicken auf die Konkurrenz. Die Konkurrenz: Kurt Lauer (LAZ Ludwigsburg) und Robin Müller (LC Top Team Thüringen) – zwei weitere Hindernisläufer mit bereits unterbotener JWM-Norm und der festen Absicht, ein Ticket für Cali zu erhaschen. Die Vorzeichen waren damit ebenso eindeutig wie humorlos: Die ersten zwei deutschen Läufer im Ziel werden nominiert, der dritte hat das Nachsehen.
Silas Zahlten lässt Thüringer Kontrahenten weit hinter sich
Bei heißen Temperaturen war es zunächst Branchen-Primus Kurt Lauer, der die Pace bestimmte und das Feld in 3:03 Minuten zur 1000 Meter-Marke führte. Kilometer zwei sah Silas Zahlten in Front, der im zusammenrückenden Feld einem Sturz entgehen wollte. 6:07 Minuten zeigte die elektronische Zeitmessung nach zwei Dritteln der Strecke und die Spannung auf der blauen Mannheimer Rundbahn stieg. Der Ludwigsburger Kurt Lauer beschleunigte an dieser Stelle deutlich – mit einem herausragenden Schlusskilometer eilte er in 8:59,92 Minuten zum Sieg. Silas setzte derweil die vorgesehene Marschroute um, blieb ganz bei sich und löste sich mit einer moderaten Tempo-Steigerung von Robin Müller, im Schlepptau lediglich einen israelischen Athleten. Meter um Meter legte Silas zwischen sich und den Thüringer, sodass Trainer Jörg Riethues die letzte Runde bereits entspannt verfolgen konnte. In 9:05,83 Minuten vollstreckte sein Musterschüler die „Mission Cali“ erfolgreich, mehr als 20 Sekunden vor dem demoralisierten Robin Müller.
„Silas hat damit das Ticket für Cali in der Tasche. Unser Plan ist aufgegangen und Silas kann stolz sein, in seinem ersten U20-Jahr eine WM-Teilnahme zu verbuchen“, so ein zufriedener Jörg Riehtues. 15 Jahre, nachdem bei der U18-WM in Ostrava 1500 Meter-Läufer Jan-Niklas Sielemann die deutschen Farben vertrat, hat Münster damit wieder einen JWM-Teilnehmer auf den Mittel- und Langstrecken. Eröffnet werden die globalen Titelkämpfe der U20-Athlet*innen in der kolumbianischen Zwei-Millionen-Stadt Cali am 01. August.
Bastian Sundermann wahrt mit bärenstarkem Staffel-Auftritt Chance auf Cali
Dass Viertelmeiler Bastian Sundermann in diesem Jahr um ein JWM-Ticket würde mitlaufen können, hatte sich in der Vorjahressaison nicht abgezeichnet – 50,63 Sekunden gingen als Saisonbestzeit in seine sportliche Vita ein. Der Winter hielt dann harte Arbeit an der Grundschnelligkeit bereit, die Bastian bereits unterm Hallendach trotz enger Radien nahe an die 50-Sekunden-Grenze führte. Diese Grenze wischte der ehrgeizige Athlet von Trainer Jan Vogt im Mai mit einer fulminanten Steigerung auf 48,06 Sekunden beiseite. „Wir waren überrascht, als Bastian vom Bundestrainer für Mannheim nominiert wurde. Für diese Chance haben wir sogar auf die Deutschen Meisterschaften in Berlin verzichtet“, blickt Jan Vogt auf die Dynamik der letzten Wochen zurück.
In Mannheim wartete auf Bastian ein Doppelstart: Die 400 Meter der Einzelkonkurrenz meisterte er am Samstag trotz Zeitplan-Verzug und langem Warten im Callroom ohne Anflug von Lampenfieber. Mit einer starken zweiten Rennhälfte sicherte er sich in 48,22 Sekunden den Lauf-Sieg, in der Gesamtabrechnung der vier Läufer verteidigte er seinen Melde-Platz als fünftschnellster Deutscher. Auf das gute Einzelrennen folgte dann am Sonntag ein imposanter Staffelauftritt – im Nationaltrikot, an Position drei der 4×400 Meter-Staffel „Germany I“ laufend. Nach nervösen ersten Metern gelang Bastian eine glänzende Leistung, gemeinsam mit seinen Team-Kollegen Lukas Krappe, Mateusz Lewandowski und Tyrel Prenz jubelte er über die JWM-Norm – 3:10,90 Minuten bedeuteten dabei Maßarbeit, hatte der DLV für Kolumbien doch eine Zeit von 3:11,00 Minuten gefordert. „Bastian ist bärenstark gelaufen und hatte einen großen Anteil an der WM-Norm. Wir beide waren nach dem Rennen unfassbar begeistert“, so ein emotionaler Jan Vogt.
„Wir werden uns in Ulm so teuer wie möglich verkaufen“
Anders als Silas Zahlten hat Bastian in der dichten Konkurrenz der 400 Meter-Läufer seinen Platz in der U20-National-Staffel noch nicht sicher. Sechs Tickets werden vergeben – vier für das designierte WM-Quartett, zwei für Ersatzläufer. Erst bei der Jugend-DM in Ulm (16./17. Juli) fällt die Entscheidung. „Im Idealfall kann Bastian in Ulm seine Bestleistung nochmals steigern. In jedem Fall werden wir uns so teuer wie möglich verkaufen und dann schauen, wofür das reicht“, blickt Trainer Jan Vogt kämpferisch nach vorne.
Quelle / Text / Foto: LG Brillux