Die 15jährigen Zwillinge Emma und Felix gehen seit ihrem 9. Lebensjahr bei der SG Schwimmen Münster ihrem Hobby Schwimmen im Leistungsportbereich nach. Dies ist insofern etwas Besonderes, da beide Sportler mit Trisomie 21 geboren sind. Im Gespräch erklärt die Mutter – Sybille Vorwerk -, wie die beiden Jugendlichen den Weg in den Sport gefunden haben, wie sich die Trisomie im Sport auswirkt und was aus ihrer Sicht noch immer die größte Hürde in Sachen Inklusion ist.

Wie sind Emma und Felix überhaupt zum Schwimmsport gekommen? Und wo stehen die beiden gerade sportlich?

Eine ehemalige Grundschullehrerin von Emma und Felix, die früher selbst Schwimmerin und Schwimmtrainerin der SG Schwimmen Münster (SGS) war, hat die beiden kurzerhand zur Talentsichtung mitgenommen, nach dem Motto „Wir versuchen das jetzt einfach“. 2018 haben Emma und Felix dann bei der SGS angefangen. Ihre ersten Landesspiele bei den Special Olympics NRW waren 2019 in Hamm, gefolgt von 2022 in Bonn und den Nationalen Spielen der Special Olympics 2022 in Berlin. Beide betreten damit bei den Landesspielen 2024 in Münster kein Neuland. Dank ihres regelmäßigen wöchentlichen Trainings sowie ihrer sehr guten schwimmerischen Ausbildung bei der SGS konnten sie sich bereits für Deutsche Meisterschaften 2023 im Paraschwimmen des DBS qualifizieren. Beide sind Teil des Talentteams des BRSNW und nehmen regelmäßig am Stützpunktraining in Wuppertal teil.

Und wie klappt es in der Schule, sind Schwimmsport und Unterricht gut vereinbar?

Ja, da gibt es zum Glück überhaupt keine Probleme. Beide Kinder gehen auf die Mathilde-Anneke-Gesamtschule und werden sowohl für das Schwimmtraining in Münster wie auch am Landesleistungsstützpunkt des BRSNW in Wuppertal entsprechend vom Unterricht freigestellt. Die Schule unterstützt den Schwimmsport der Beiden von Beginn an.

Haben Emma und Felix durch die Trisomie 21 spezielle Benachteiligungen im Schwimmsport?

Definitiv. Beide haben zum Beispiel mit Konzentrationsschwierigkeiten zu kämpfen und auch die Koordination ist eingeschränkt. Ein großer Nachteil, der in der Klassifizierung im Parabereich leider nicht berücksichtigt wird, ist die Hypotonie, d.h. die Muskelspannung ist bei beiden (insbesondere im Rumpfbereich) herabgesetzt. Mit zu wenig Muskelspannung ist es so, als müsse man zusätzliches Gewicht durchs Wasser bewegen. Das kann schon manchmal auch frustrierend sein.

Was könnte man denn tun, um auch Menschen mit Behinderung mehr in die Mitte der Gesellschaft zu holen bzw. deren Leistungen im Sport anzuerkennen?

Leider ist (Leistungs-)Sport für Menschen mit Behinderungen noch nicht so anerkannt, wie man es sich wünscht. Es wird aber in der letzten Zeit viel getan dafür, dass sich dies ändert. Das sieht man auch an Veranstaltungen, wie z.B. die von Special Olympics. Spitzensportler mit und ohne Behinderung unterstützen die Organisation und Veranstaltungen, in dem sie sich für die Sportler:Innen stark machen, ihre Leistung anerkennen und ihnen ein Gesicht geben. Auch im Parabereich nimmt die Berichterstattung – auch dank von Social Media – deutlich zu.

Bei dem Thema Inklusion (im Sport) ist oft das größte Problem „der Kopf“. Für viele Menschen, die noch nie Berührung mit Menschen mit (geistigen) Behinderungen hatten, besteht eine Hürde: „Wie spreche ich sie an?“ „Wie gehe ich mit ihnen um?“ „Was mache ich, wenn sie anders als erwartet, reagieren?“ Ich glaube, dass dies das größte Hindernis in Sachen Inklusion ist: die Menschen haben Angst, in Kontakt mit Menschen mit Behinderung zu gehen. Dabei könnte man jeden Menschen einfach ganz normal behandeln. Wenn man den Mut hatte, diesen Schritt zu gehen, sehen viele die positiven Seiten der Inklusion und finden einen völlig unkomplizierten und normalen Umgang: Emma und Felix haben das große Glück, diesen Weg gehen zu dürfen: Von Kindergarten, über Schule bis zum Schwimmverein „leben“ sie täglich Inklusion.

„Wir unterschätzen unsere Gegenüber so oft. Wir verurteilen zu früh und sprechen ihnen Kompetenzen ab“ (Tim Mälzer bei der Dankesrede zum Grimme-Preis vom „Schwarzwälder Hirsch“) (Quelle: vox.de)

Foto: Mario Kock