Für viele Menschen ist es bereits ein Kraftakt, sich einmal die Woche sportlich zu betätigen. Ganz zu schweigen von einem Triathlon, der nur mit einem großen Zeitaufwand und ganz viel Disziplin zu bewältigen ist. Sven Wies ging sogar noch einen Schritt weiter. Ihm reichte ein normaler Triathlon auf Dauer nicht mehr aus und so war sein nächstes Ziel die Langdistanz. Das sind eben mal 3,86 Kilometer durchs Wasser, 180 Kilometer auf dem Rad und dann noch einen Marathon obendrauf. 2019 qualifizierte sich der Mann aus Kinderhaus sogar für Ironman Hawaii, der als einer der weltweit anspruchsvollsten Ausdauerwettkämpfe gilt. Nicht jeder darf hier an den Start. Und nebenbei bemerkt: Das als Vollzeit-Beschäftigter und Familienvater von zwei kleinen Kindern.
Auch für diese Saison hat sich der Münsteraner viel vorgenommen. Doch wie sieht das Training in Corona-Zeiten aus?

Corona hat uns alle fest im Griff und viele Wettkämpfe wurden abgesagt. Wie sahen Deine Saisonziele vor der Krise aus?
Geplant war, an den Deutschen Meisterschaften über die Mitteldistanz in Nordhausen teilzunehmen. Ebenso stand die Deutsche Meisterschaft in der Sprintdistanz in Düsseldorf auf dem Programm. Als Vorbereitung sollte es außerdem im April zu den Europameisterschaften im Duathlon in Alsdorf.

Wie sieht es mit der Ironman Europameisterschaft in Frankfurt am 28.06 aus?
Der Termin war und ist für mich natürlich gesetzt und hoffe, dass der Wettkampf auch stattfinden wird.

Foto: privat

Wie sieht dein Training derzeit aus? Alles wie gehabt?
Ja, mein Training läuft ganz normal weiter. Ich muss unbedingt in Form bleiben und sein. Es wurden zwar schon einige Termine abgesagt, aber vieles steht auch noch.

Wo hängt denn jetzt Deine Medaille vom Ironman? In der Schublade?
Aktuell mit der Urkunde zusammen auf dem Regal über dem Esszimmertisch.

Und wie schafft du es, ein solches Trainingspensum an den Tag zu legen?
Ganz einfach – früh aufstehen.

Wann beginnt Dein Tag?
Meist gegen 6.30 Uhr.

Waren Deine Eltern denn auch schon so „gestrickt“?
Das Sportlergen habe ich sicherlich von meinen Eltern mitbekommen. Meine Mutter war Synchronschwimmerin und mein Vater ebenfalls Wasserballer und Triathlet.

Du kommst also aus Münster Kinderhaus?
Richtig. Ich war bis zur 13. Klasse auf dem Geschwister-Scholl-Gymnasium und bin nach dem Abitur dem Wasserball zuliebe nach Duisburg gegangen.

Ursprünglich kommst Du gar nicht aus der Leichtathletik?
Nein. Ich komme vom Schwimmen und war lange Zeit bei der SGS Münster, damals noch unter Ingeborg Rönsch und bin dann vom Schwimmen zum Wasserball gegangen. Anfangs spielte ich für den SC Rote Erde Hamm in der 1. Bundesliga. Als die dann in die 2. Liga abstiegen, war ich vertraglich frei und ging nach Duisburg.

Dort hast Du dann auch studiert.
Ja. In Duisburg habe ich meinen Bachelor in BWL gemacht und das Ganze mit dem Master abgeschlossen.

Kommst Du noch oft nach Münster?
Sicher, meine zwei kleinen Kinder möchten natürlich oft zu Oma und Opa.

Wo hast Du denn früher in Münster Party gemacht?
Wir waren ganz oft in der Altstadt unterwegs. Das Schwarze Schaf, das Grand Café oder die Nacht-Studios waren hoch im Kurs.

Gehst Du denn heute noch auf die „Piste“?
Sehr wenig nur noch. Nicht, dass ich keine Lust hätte, aber die Prioritäten haben sich verschoben: Familie, Sport und Job eben. Abgesehen davon findet man auch nicht immer so leicht einen Babysitter.

Am Wochenende trainierst Du sicherlich auch?
Ja, und mit einem „Kater“ geht das nicht. Samstags und sonntags habe ich einfach viel mehr Zeit, um die anspruchsvollen Trainingseinheiten unterzubringen. Trotzdem gehe ich hin und wieder raus, um mal auf andere Gedanken zu kommen.

Nicht nur durch Deine Eltern hast Du Kontakt zum Münsterland. Auf Deiner Website sieht man Dich und ein Leeze-Rad aus Havixbeck.
Genau, meine Laufräder sind von der Leeze. Seit letztem Jahr haben wir eine kleine Kooperation. Die Räder sind super, und es ist ein tolles Gefühl, dass man im Münsterland eine so hochwertige Manufaktur findet.

War Deine Familie mit auf Hawaii beim Ironman?
Ja, das war mir ganz wichtig, das hat mich mental stark gemacht. Insgesamt waren wir vier Wochen da. Meine Frau war noch in der Elternzeit, und so bot sich es an. Man braucht allein eine Woche, um die Zeitumstellung zu verdauen und sich an das Klima zu gewöhnen.

Was ist Deine Lieblingsdisziplin?
Radfahren. Allerdings bin ich mehr auf der Rolle als draußen unterwegs, weil der Autoverkehr gefühlt sehr aggressiv ist. Wenn ich aber mal draußen bin, liebe ich die Natur, die an mir vorbeirauscht.

Im letzten Jahr warst du noch Amateur und hast Vollzeit gearbeitet. Jetzt bist Du Profi. Ich nehme an, das ist eine riesengroße Erleichterung?
Darüber bin ich in der Tat sehr glücklich. Ich habe jetzt Partner und Unterstützer gefunden, so dass ich mich mehr auf den Sport konzentrieren kann.

Du trainierst jetzt also mehr als vorher.
Ja, das Trainingspensum ist gestiegen, aber auch andere Jobs sind hinzugekommen, wie beispielsweise Vorträge. Abgesehen davon ist meine Frau wieder in den Job eingestiegen und ich kümmere mich nun um die Kids, besonders jetzt, da die Kindergärten geschlossen sind.

Organisatorisch ein Kraftakt.
Absolut. Man muss den Tag schon gut durchtakten, damit alles ineinandergreift und gut funktioniert.

Wie gehst Du mit Verletzungen um?
Ehrlich gesagt, halte ich eine Verletzung nur schwer aus. Aber zusammen mit meinem Trainer und Physiotherapeuten geht es meist schnell wieder aufwärts. Aktuell arbeiten wir an Präventionsmaßnahmen, um Verletzungen vorzubeugen.

Startest Du denn in diesem Jahr beim Sparda-Münster City Triathlon?
In diesem Jahr wird es vermutlich nicht klappen. Im letzten Jahr war ich aber am Start – zum ersten Mal – und bin hinter Luca Heerdt ins Ziel gekommen. Eine tolle Veranstaltung, gut organisiert. In diesem Jahr kollidiert der Triathlon in Münster leider mit den Europameisterschaften in Frankfurt. Dort will ich aber unbedingt starten, um mich erneut für den Ironman in Hawaii zu qualifizieren.

Wie gestaltet sich die Sponsorensuche für Dich?
Sehr schwierig und die Corona-Krise macht es nicht einfacher – viele Unternehmen schauen auf ungewisse Zeiten. Persönlich kann ich verstehen, dass jetzt das Geld nicht mehr so locker sitzt und die Firmen erstmal selbst gucken müssen, wie es finanziell weitergeht. Abgesehen davon driften viele Firmen in den E-Sport und investieren dort. Was sehr schade ist, weil für mich persönlich das kein Sport ist, sondern für mich die körperliche Bewegung von Bedeutung ist.

Wie wichtig sind für dich Instagram und Facebook?
Social Media spielt für mich eine große Rolle, da hier die Sponsoren/ Unternehmen ganz genau ihre Zielgruppen definieren können und somit die Reichweite steigt. Ohne geht es heutzutage nicht mehr.

Du bist 32 Jahre alt, wie lange kann man theoretisch als Triathlet auf hohem Niveau unterwegs sein?
Jan Frodeno (38 Jahre) hat im letzten Jahr gesagt, er will auch noch mit 41 den Ironman Hawaii gewinnen. So gesehen liegt also noch eine tolle Zeit vor mir.

 

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