„Das Coolste ist der Moment in der Luft“ – wenn es um die Vorzüge ihrer Sportart geht, sind sich Greta, Emilio und Luca einig. Die drei gehören zur Trainingsgruppe der Wasserspringer der Schwimmvereinigung Münster von 1891 e.V. und trainieren an diesem Mittwochabend im Stadtbad Ost.

Als einer der ganz wenigen Vereine in Deutschland, bietet die SV Münster leistungsorientiertes Wasserspringen auf höchstem Niveau. „Wir sind eine Nischensportart“, weiß auch Juliane Schlechter, Trainerin und Nachwuchskoordinatorin des Vereins. 15 Plätze umfasst ihre Trainingsgruppe, sieben Plätze sind mit Kindern im Grundschulalter besetzt, die übrigen acht Springer*innen sind zwischen neun und 14 Jahren alt. Und die sind allesamt durchaus erfolgreich: die Münsteraner Wasserspringer*innen sind regelmäßig bei Wettkämpfen auf Landes- und Bundesebene unterwegs, etliche Landesmeistertitel hat die Gruppe in den letzten Jahren nach Hause geholt.

Trainingsprogramm mit pädagogischem Konzept

Dahinter steht ein strammes Trainingsprogramm: vier Mal in der Woche geht es für Greta, Emilio und Luca aufs Sprungbrett. „Verglichen mit den Bundesstützpunkten, ist das sogar noch wenig“, erklärt Juliane Schlechter. Das Training der Wasserspringer hat nicht nur mit dem Wasser zu tun: Bevor es auf die Sprungbretter im Ostbad geht, steht ein umfassendes Aufwärmen an Land an. Und das hat es in sich: Zunächst kommen Übungen für Kräftigung und Dehnung, dann Handstand, Vorwärts- und Rückwärtssalto – für die jungen Athlet*innen alles kein Problem. „Die Kinder erhalten bei uns alle auch eine umfassende motorische Grundausbildung in einem pädagogisch gut gestützten Umfeld mit verschiedenen Grundschulen und dem Pascal Gymnasium als NRW-Sportschule“, so Trainerin Juliane Schlechter. „Wir trainieren nicht nur im Schwimmbad, sondern auch in der Turnhalle, lassen die Kinder viel auf dem Trampolin springen. Turnerisches Vermögen, eine gute Koordination sind zentral für das Wasserspringen“.

Hier am Landesstützpunkt Wasserspringen bei der SV 91, deren Leiter Stefan Nitsche ist, steht merklich auch der Leistungsgedanke im Fokus. „Wir sind sicher leistungssportlich orientiert“, so Juliane Schlechter, „ganz zentral ist für uns aber die entwicklungsgemäße Hinführung der Kinder an das Wasserspringen. Der Sport soll Spaß machen – der Spaß kommt aber vor allem dann, wenn Neues klappt, wenn die Kinder merken, dass sie sich weiterentwickeln, neue Elemente meistern, die erstmal Angst gemacht haben“. Dass alle hier Spaß an ihrem Sport haben, ist offensichtlich: Nach dem Warm-Up können es die jungen Springer*innen kaum erwarten, endlich aufs Sprungbrett zu kommen. „Ich finde es gut, dass wir so oft bei Wettkämpfen sind“, erklärt Greta, bevor es für sie aufs Drei-Meter-Brett geht, „man lernt dann immer wieder neue Sachen“.

 

Wasserspringer in der Luft

Der Kopf muss mitspielen

Dass zum Wasserspringen auch eine mentale Komponente gehört, wird schon beim Zusehen deutlich: Im Ostbad geht es für die Kinder zwar „nur“ vom Drei-Meter-Brett hinunter, regelmäßig fährt die Trainingsgruppe aber auch zur Deutschen Sporthochschule nach Köln, wo die Sprungtürme bis zu 10 Meter hoch sind. „Es gehört eine Menge Mut dazu“, bestätigt auch Trainerin Juliane Schlechter, „am Ende trägt das Wasserspringen so sicher auch zur Charakterbildung bei. Wenn die Kinder lernen, Ängste zu überwinden, tut das dem Selbstbewusstsein unheimlich gut“.

Umso stärker spürt der Verein noch heute die Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Das war für uns ein richtiger Einbruch“, so Schlechter. Erst die langen Schließungen während der Pandemie, dann die heruntergeschraubten Wassertemperaturen im Ostbad, dann wiederkehrende Schließungen wegen Reparaturbedarfs oder Personalmangel – „das ist für uns ein echtes Handicap“, meint Juliane Schlechter, „denn damit fällt unsere Haupttrainingsstätte komplett weg. Die Stadt ist zwar sehr bemüht, trotzdem sind die Schließungen des Bads für uns ein Problem. Wenn die Kinder mehrere Wochen lang nicht springen können, geht Vieles wieder verloren. Die Bewegungsabläufe müssen regelmäßig abgerufen werden, sonst bauen sich unter anderem das Brettgefühl, das Orientierungsvermögen und die Bewegungssicherheit ganz schnell ab“.

Trotz der mitunter schwierigen Bedingungen, ist Juliane Schlechter, die auch Nachwuchskoordinatorin bei der SV 91 ist, vom Trainingskonzept ihres Vereins überzeugt: „Wasserspringen macht nicht jeder. Unsere Gruppen sind also eher klein, im Trainerteam sind wir zu fünft. Damit sind die Strukturen gut überschaubar, jeder kennt bei und jeden. Wir können jedes einzelne Kind individuell betreuen, ganz persönlich auf es eingehen“.

 

Gruppenbild Wasserspringer

Kontaktmöglichkeiten für Interessierte

Auch, wenn momentan alle Plätze in den Trainingsgruppen vergeben sind, können sich interessierte Kinder und deren Eltern jederzeit bei der SV 91 melden. Was sollte ein Kind mitbringen, das Wasserspringer*in werden möchte? „Die meisten denken als Erstes daran, dass ihr Kind fürs Wasserspringen möglichst toll Schwimmen können muss“, meint Juliane Schlechter, „darum geht es aber gar nicht in erster Linie. Das Kind muss sicher schwimmen können, das ist klar. Uns geht es in der Talentsichtung aber vor allem  um das athletische und koordinative Bewegungsvermögen des Kindes und turnerische Veranlagung. Schafft das Kind einen Purzelbaum, vielleicht einen Handstand an der Wand, kann es ein Rad schlagen? Kinder, die bei uns Springen möchten, müssen außerdem eine Portion Mut mitbringen, das gehört einfach zur Sportart dazu. Und am Ende ist natürlich das Interesse an Wasserspringen wichtig“.

Interessierte können sich per Mail direkt bei Trainerin und Jugendkoordinatorin Juliane Schlechter melden: juliane.schlechter@t-online.de Weitere Infos zum Wasserspringen in Münster gibt es unter http://wasserspringen-muenster.de/

Quelle Text: Viola Grötz
Quelle Bild: SV 91 Münster e.V.