Ein Gespräch mit Fabian Wegmann

Wer ist Dein Vorbild in sportlicher Hinsicht?
Als ich jung war, war Marco Pantani mein Vorbild. Sein Fahrstil war einfach einmalig.

Der mit den Segelohren?
Ja, genau.

Und heute?
Ein Vorbild im eigentlichen Sinne habe ich nicht mehr, aber beispielsweise Peter Sagan ist schon ein cooler Typ. Der nimmt sich und den ganzen Zirkus nicht so furchtbar ernst. Alleine seine Interviews …(grinst)

Die wahren Dramen spielen sich am Ende des Feldes ab.

Wie viele Kilogramm hast Du seit deinem Karriereende zugenommen?
Zwei Kilo.

Welche drei Dinge würdest Du mit auf eine einsame Insel nehmen?
Meine Familie.

Die Antwort zählt nicht.
Okay. Dann … (denkt lange nach): Ein Surfbrett, einen Grill und Würstchen. Mit einem Rad durch den Sand zu fahren, macht ja keinen Sinn.

Wer hat Dein erstes Rennrad gekauft?
Mein erstes Rennrad habe ich mir zusammen mit meinem Vater geteilt. Später habe ich von den ersten Siegprämieren mein Rennrad nach und nach zusammengebaut.

Wie hast Du Dich motiviert, wenn Du mal keine Lust aufs Training hattest?
Als Junge, so mit 12, 13 Jahren, habe ich tagelang nur einem meinem Rad rumgeschraubt und war mehr im Keller als auf der Straße. Irgendwann bin ich dann wieder aufs Rad gestiegen.

Und später? Bei Schnee und Regen zu fahren, stelle ich mir nicht so lustig vor.
Da hilft nur, ein ganz klares Ziel vor Augen zu haben. Sonst wird es schwierig. Aber auch mein Trikot des Deutschen Meisters hat mich enorm angetrieben, hart zu trainieren.

Ende 2016 hast Du Deine Karriere beendet. Wie sieht das neue Leben von Fabian Wegmann aus?
Schön. Endlich muss ich morgens nicht mehr Pasta essen, um die Kalorien für den Trainingstag zusammenzukriegen.

Was gibt es jetzt zum Frühstück?
Zwei Tassen Kaffee. Das reicht mir.

Kein Wunder, dass Du bist jetzt nur zwei Kilos zugenommen hast. Ich frage Dich noch mal in zehn Jahren. Spaß beiseite: Was steht beruflich an?
Dem Radsport werde ich definitiv erstmal treu bleiben. Im Moment arbeite ich als Werbebotschafter für den Sparkassen Münsterland Giro.

Wenn alles glatt läuft, soll es ja bald eine Radrennbahn in Münster geben.
Ja, richtig. Ich hoffe, die Stadtväter entscheiden sich dafür. Im Winter habe ich zusammen mit Fränk Schleck den Trainerschein gemacht. Ich kann mir also gut vorstellen, dort den Nachwuchs zu trainieren.

Was sagt Fränk Schleck über Dich als Zimmergenossen?
Ich hoffe, nur Gutes. Es ist schon wichtig, dass man auch auf dem Zimmer ein gutes Team ist. Schließlich hat jeder seinen eigenen Rhythmus, der für die Rennleistung wichtig ist.

Es gibt verschiedene Rennradfahrer-Typen: Sprinter, Zeitfahrer, Klassiker-Spezialisten, Bergfahrer, etc. Liegt die Ausrichtung in den Genen?
Ja, definitiv. Aus einem Sprinter kann man nie einen Bergfahrer machen, auch wenn man noch so viel trainiert. Im Laufe der Zeit merkt man automatisch, was einem mehr oder weniger liegt. Dann muss man natürlich noch das Talent ausbauen.

Du bist ausgewiesener Spezialist für knackige Klassiker. Gab es auch Momente, in denen Du gerne vom Rad gestiegen wärest?
Ja, es gibt extrem lange Anstiege in den Alpen. Bei der Tour de France musste ich am Berg echt Körner lassen, um auf eine Gruppe aufzuschließen. Im Fernsehen sieht man immer die Spitzengruppe, aber die richtigen Dramen spielen sich hinten ab.

Wenn Dir nach 100 Kilometern der Magen knurrt, wie kommst Du weiter durchs Rennen?
Ich kenne einige Kollegen, die damit wirklich Probleme hatten und denen Energy- Gels nicht wirklich geholfen haben. Mir hat das nicht viel ausgemacht. In meinen besten Zeiten konnte ich im Training sechs Stunden ohne Nahrungsaufnahme auskommen. Alles Trainingssache. Es ist ja auch nicht so, dass man 200 Kilometer volle Pulle fährt. Die Hälfte der Zeit fährt man im Feld auch einfach so mit.

Wie hat es Dir auf der Cyclingworld Messe in Düsseldorf gefallen?
Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, hingefahren zu sein. Ich habe dort viele Räder gesehen, die man sonst nicht zu Gesicht bekommt, zum Beispiel ein Rad aus Holz oder Bambus.

Wie stehst Du zu dem Thema E-Bike?
Als Sportler ist für mich das E-Bike natürlich keine Option. Ich muss aber zugeben, dass ich auf der Messe einige Räder ausprobiert habe und überrascht bin, wie gut die Räder einem eine tolle Kondition vorgaukeln können. Also, als Auto-Ersatz könnte ich mir eventuell schon ein E-Bike vorstellen, aber nie als Fahrrad-Ersatz.

Wenn Du die Macht hättest, was würdest Du im Profisport ändern?
Ich würde versuchen, ein System aufzubauen, das die Teams unabhängiger von den Sponsoren macht, damit die Teams nicht auf einen oder zwei Sponsoren angewiesen sind und langfristiger planen können.

Und im Nachwuchs-Bereich?
Für den Nachwuchs ist es total wichtig, dass er kontinuierlicher gefördert wird und die Mannschaften mit einem Sponsorenwechsel nicht sofort auseinanderfallen. Früher gab es mehr Sponsoren, die den Rennradsport über etliche Jahre aus Überzeugung gefördert haben. Heute verfolgen die Sponsoren hauptsächlich nur wirtschaftliche Ziele. Sind die Ziele erreicht, ziehen sie sich zurück.

ZUR PERSON

Fabian Wegmann wurde 1980 in Münster geboren und begann 2002 seine Karriere als Radprofi im Team Gerolsteiner. Bis zu seinem Rücktritt aus dem Profisport 2016, fuhr er zahlreiche Siege ein. So gewann er beispielsweise das Grüne Trikot des besten Bergfahrers beim Giro d’Italia 2004 und wurde 2007, 2008, und 2012 Deutscher Straßenradmeister. Zukünftig wird Wegmann als Werbebotschafter des Sparkassen Münsterland Giro fungieren.

Was ist aus Deiner Sicht die größte Errungenschaft im Radsport der letzten 20 Jahre?
Ach, es hat sich so viel getan in den letzten Jahren. Schwer zu sagen. Der Carbon- Rahmen zählt sicherlich zu den Highlights. Und natürlich die elektronische Schaltung, das ist schon eine prima Sache.

Anm. der Red.: Wer Spaß an alten klassischen Rennrädern hat, kann bei Facebook nach der „Klassikerausfahrt Münster“ suchen.