Kugelstoßen, Diskuswurf, Weitsprung – das waren Lilli Henochs Disziplinen. Zehnmal wurde sie in den 1920er-Jahren Deutsche Meisterin, war eine gefeierte Leichtathletin, die mehrere Weltrekorde brach und leitend tätig war im Berliner Sport-Club. Mit dem Aufkommen der Nationalsozialisten wendete sich das Blatt für die erfolgreiche jüdische Sportlerin. 1933 wurde sie vom Verein ausgeschlossen, fand später gerade noch eine Anstellung als Turnlehrerin einer jüdischen Schule. 1942 wurde sie erschossen – noch während eines Transportes in das Ghetto von Riga. 42 Jahre alt war Lilli Henoch da.

Foto: Oberbürgermeister Markus Lewe, Sharon Fehr (Vorsitzender Jüdische Gemeinde Münster), Christoph Strässer (Präsident SC Preußen Münster) und Kurator Dr. Henry Wahlig – Foto: MS aktiv

Bewegende Biografien von 17 herausragenden deutsch-jüdischen Sportlern erzählt die Wanderausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung. Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“. Aufgebaut ist sie bis zum 25. Juli auf dem Überwasserkirchplatz. Überlebensgroße Silhouetten erinnern dort an das Leben der Nationalspieler, Welt- und Europameister, Olympiasieger und Rekordhalter, an ihre Verdienste für den Sport – und an die Zeit, in der sie Opfer des Rassenwahns der nationalsozialistischen Gesellschaft wurden. Das Friedensbüro von Münster Marketing hat die Ausstellung des Zentrums Deutsche Sportgeschichte e.V. (Berlin) gemeinsam mit einem breiten Netzwerk von Partnern nach Münster geholt. Mitten in der Innenstadt wird sie zu einem Ort des Innehaltens und Nachdenkens – ein Stolperstein, der ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte aufschlägt, aber auch in die Gegenwart weist und für Toleranz und Freiheit wirbt.

Denn nur, weil sie Juden waren, wurden die vorgestellten Frauen und Männer aus ihren Vereinen ausgeschlossen, Titel wurden ihnen aberkannt. Dem deutschen Fußballpionier Walther Bensemann, Mitbegründer des Deutschen Fußball-Bundes, blieb wie vielen anderen nur die Flucht. Der Fußballnationalspieler Julius Hirsch wurde deportiert und ermordet. Ralph Klein entkam nur knapp der Deportation nach Auschwitz. Nach dem Krieg war er israelischer, später deutscher Basketball-Nationaltrainer. Die Ausstellung bietet mit der Schwimmerin Sarah Poewe aber auch einen Ausblick: Als erste jüdische Athletin nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewann sie 2004 in Athen eine olympische Medaille für Deutschland.

Begleitend zur Ausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung“ bieten die Veranstalter und Kooperationspartner ein vielfältiges Rahmenprogramm an. Im Werkstattgespräch „Überdehnen und Verbiegen“ geht es um Körper- und Führerkult in der NS-Zeit (1. Juli), in einer Podiumsdiskussion um Jüdischen Sport in Deutschland und im Münster der 1930er-Jahre (5. Juli). Ein Workshop schlägt den Bogen in die heutige Zeit und tritt ein gegen Ausgrenzung im Sport (13. Juli).
Alle Infos unter www.stadt-muenster.de/tourismus/startseite.html.

Umfangreiche Kooperation
Veranstalter der Ausstellung sind der SC Preußen Münster, Gegen Vergessen Für Demokratie Münsterland, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster, der Stadtsportbund Münster, das katholische Stadtdekanat Münster, der Evangelische Kirchenkreis Münster und das Friedensbüro bei Münster Marketing.
Die Ausstellung findet statt in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Münster, dem Geschichtsort Villa ten Hompel, dem FANport Münster, dem Fanprojekt Preußen Münster, der Kirchengemeinde Liebfrauen-Überwasser, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, dem Verein Spuren Finden, dem Stadtarchiv Münster und dem Projekt „Sport, Sprache, Integration“ beim Amt für Schule und Weiterbildung der Stadt Münster.

Quelle: Stadt Münster